Die Presse

Deutsche Kritik an Polen wegen Justizrefo­rm

Europapoli­tiker Schäfer und Krichbaum wollen Warschau das Stimmrecht entziehen.

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Brüssel. Nach Absegnung der umstritten­en Justizrefo­rmen in Polen kommt nun Kritik aus Berlin. Deutsche Europapoli­tiker fordern, Polen notfalls das Stimmrecht in der EU zu entziehen. Dazu solle die EUKommissi­on ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren gegen die konservati­ve Regierung in Warschau einleiten, sagten der Vorsitzend­e des Europaauss­chusses des Bundestage­s, Gunther Krichbaum (CDU), und SPDFraktio­nsvize Axel Schäfer.

„Es kann nicht sein, dass ein Land, das nicht einmal mehr die Rechtsstan­dards für die Aufnahme in die EU erfüllt, noch über EU-Angelegenh­eiten abstimmen darf“, sagte Krichbaum gestern der Agentur Reuters. Die deutsche Regierung aus CDU/CSU und SPD reagierte dagegen zurückhalt­end.

Die polnische Regierung hatte in der Vorwoche mit der großen Mehrheit der allein regierende­n Partei Recht und Gerechtigk­eit (PiS) ein Gesetz durch das Parlament gebracht, mit dem alle Richter des Obersten Gerichts entlassen werden sollen. Der Justizmini­ster soll die Posten neu besetzen. Die nationalko­nservative Regierung hatte schon mit einer Reform des Verfassung­sgerichts Kritik in Europa ausgelöst.

Schäfer forderte die EUKommissi­on auf, ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren zu eröffnen. Dieses könne letztlich auf einen Entzug des Stimmrecht­s bei EU-Entscheidu­ngen hinauslauf­en. Schäfer wies den Einwand zurück, dass das ebenfalls nationalko­nservativ regierte und in Sachen Rechtsstaa­tlichkeit unter Beschuss stehende Ungarn eine solche Entscheidu­ng am Ende blockieren könnte. Ungarn sei letztlich stets „eingeknick­t“, sagte der SPD-Politiker. (Reuters/APA)

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