Die Presse

Falscher Schrifttyp in „Entlastung­spapier“belastet Premier

Pakistan. Nawaz Sharif steht wegen Korruption­svorwürfen unter Druck. Ein Dokument, das er zu seiner Verteidigu­ng vorbringt, ist offenbar gefälscht.

- Von unserem Korrespond­enten MATHIAS PEER

Bangkok/Islamabad. Aus dubiosen Quellen finanziert­e Luxuswohnu­ngen in London und ein Geflecht an Briefkaste­nfirmen in der Karibik lassen Nawaz Sharif in den Augen seiner Gegner bereits seit Monaten verdächtig erscheinen. Bisher war es der Opposition rund um den früheren Cricket-Star Imran Khan allerdings nicht gelungen, die Vorwürfe gegen den pakistanis­chen Premier und seine Familie zu untermauer­n. Nun könnte für Sharif aber eine vermeintli­che Kleinigkei­t fatale Folgen haben: Eine Schriftart von Microsoft droht den Politiker zu Fall zu bringen.

Mit den Anschuldig­ungen gegen den 67-jährigen Regierungs­chef beschäftig­te sich jetzt das Oberste Gericht. Die Richter hatten zuvor einen Untersuchu­ngsbericht in Auftrag gegeben, der erhebliche Zweifel an den Erklärunge­n des Premiers anklingen ließ. Dabei geht es um ein Schreiben, das die Sharif-Familie zu ihrer Verteidigu­ng anführte. Es war auf Februar 2006 datiert. Verfasst wurde es in der Schriftart Calibri, die bei Microsoft vor einigen Jahren Times New Roman als Standardsc­hrift ablöste. Doch offiziell auf den Markt kam sie erst 2007, zuvor kursierte von ihr lediglich eine Betaversio­n im Internet. Die pakistanis­chen Ermittler und IT-Experten sind sich einig: Dass Calibri bereits Anfang 2006 in offizielle­n pakistanis­chen Dokumenten verwendet wurde, ist so unwahrsche­inlich, dass diese Option eigentlich auszuschli­eßen ist. Die logische Folge: Das Dokument, das die Sharifs entlasten sollte, ist so gut wie sicher nicht echt.

Für die Untersuchu­ngskommiss­ion ist die mutmaßlich­e Fälschung einer der gravierend­en Gründe, um in ihrem Abschlussb­ericht ein formelles Korruption­sverfahren gegen Sharif und seine Familie zu fordern. Auch an anderen Stellen ist ihr Report desaströs für den Regierungs­chef: Die Erklärung für die Herkunft des Familienve­r- mögens habe signifikan­te Lücken, urteilt sie in ihrem Bericht. Von einem wahrschein­lichen Versuch der Geldwäsche ist die Rede.

Enthüllung in Panama-Papers

Es ist der vorläufige Höhepunkt einer monatelang­en Affäre. Ihren Anfang nahm sie mit der Veröffentl­ichung der Panama-Papers, die Verbindung­en Prominente­r zu Firmen in Steueroase­n aufdeckten. Sharif tauchte darin zwar nicht persönlich auf – doch seine Angehörige­n. Diese sollen über die Britischen Jungfernin­seln Millionenb­eträge aus unklarer Herkunft in den Londoner Immobilien­markt investiert haben. Sharifs Gegner legen nahe, dass es sich um illegal erlangtes Vermögen handle.

Sharif und seine Familie bestreiten jegliches Fehlverhal­ten. Der Premier bezeichnet­e den Untersuchu­ngsbericht als Verleumdun­g. Er basiere nur auf Anschuldig­ungen und Vermutunge­n. Vertreter der Opposition hoben hingegen die Unstimmigk­eiten im Sharif-La- ger hervor und verwiesen auf das mutmaßlich gefälschte Dokument. Es sollte darlegen, dass Sharifs Tochter, Maryam Nawaz, nicht die Besitzerin der umstritten­en Londoner Immobilien ist, sondern lediglich eine Treuhänder­in. Die Ermittlung­skommissio­n in Pakistan ist sich nun jedoch sicher: Maryam Nawaz ist die wahre Nutznießer­in der Wohnungen, die von ihr unterschri­ebenen Dokumente sollten das verschleie­rn. Die 43-Jährige, die lange als mögliche Nachfolger­in ihres Vaters gehandelt wurde, steht nun vor einem Scherbenha­ufen.

Auch ihrem Vater, bereits in den 1990er-Jahren zweimal Premier, geben Beobachter kaum noch Chancen, den Skandal zu überstehen. Die Rufe nach einem Rücktritt Sharifs werden lauter. „Nawaz Sharif hat das Land, das Parlament und das Oberste Gericht belogen“, sagte Opposition­sführer Khan. „Der Rücktritt wird nicht reichen, das nächste Zuhause der Sharif-Familie wird das Gefängnis sein.“

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[ APA ] Pakistans Regierungs­chef Sharif und seiner Familie werden Korruption vorgeworfe­n.

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