Das Kribbeln vor dem großen Auftritt
Frauen-EM. Österreich startet heute gegen die Schweiz in die erste Endrunde. Die Spielerinnen genießen das EM-Flair und sehen sich für das Duell mit dem WM-Achtelfinalisten gerüstet. Der Einsatz von Viktoria Schnaderbeck wackelt.
Wageningen. 302 Tage sind seit dem Jubel über die erstmals geschaffte Qualifikation für eine Endrunde vergangen, heute (18 Uhr, live, ORF eins) beginnt für Österreichs Frauen-Nationalmannschaft in Deventer mit dem Auftaktspiel gegen die Schweiz das EM-Abenteuer. „Dieses besondere Gefühl ist definitiv da. Wenn man eine ruhige Minute hat und nachdenkt, kommt das Kribbeln“, berichtet Sarah Puntigam, die beim Mannschaftsausflug nach Utrecht das EM-Flair genossen hat. „Man merkt die gute Stimmung, die Leute schauen und suchen das Gespräch.“
Die Vorbereitung beim Premierenturnier absolviert das ÖFBTeam in der Universitätsstadt Wageningen. Wer der schmalen Straße am Stadtrand in den Wald hinein folgt, steht irgendwann vor den Toren des „Wageningse Berg“. Es ist ein Fußballstadion des Kon- trasts, der Rasen erstrahlt in sattem Grün englischer Perfektion, die verfallenden Tribünen erinnern an die Glanzzeiten, als der zweimalige niederländische Cupsieger FC Wageningen zahlreiche Zuschauer hierher lockte. 25 Jahre nach der Auflösung des Klubs sorgen nun die ÖFB-Frauen abseits der wöchentlichen Legendentreffen für regen Betrieb. „Wir fühlen uns sehr wohl, die Bedingungen sind top“, sagt Lisa Makas.
Mit einem Spiel gegen die Schweiz begann 1990 auch die offizielle Länderspielgeschichte der ÖFB-Frauen, damals setzte es eine 1:5-Niederlage. Das insgesamt neunte Duell mit den Eidgenossinnen (ein Sieg, sechs Niederlagen) soll freilich erfolgreicher ausfallen. „Wir müssen alles geben und taktisch diszipliniert wie gegen Dänemark auftreten“, erinnert Makas an den letzten 4:2-Testsieg. Als Nummer 17 der Welt liegt die von der Deutschen Martina Voss-Tecklenburg trainierte Auswahl vor Öster- reich (24.) und hat zwar ebenfalls keine EM-Erfahrung, aber bereits ein WM-Achtelfinale aus dem Jahr 2015 vorzuweisen. Das ÖFB-Rezept gegen die Schweizer Starspielerin Ramona Bachmann von Chelsea: „Gut bearbeiten, früh stören.“
Zittern mit der Kapitänin
Ein großes Fragezeichen steht weiter hinter dem Einsatz von Kapitänin Viktoria Schnaderbeck. Die Abwehrchefin laboriert an einem Knochenmarksödem im linken Knie, hat sich im Vorfeld sogar in Deutschland behandeln lassen und am Sonntagnachmittag erstmals wieder mit der Mannschaft trainiert. Ob es sich für die EMAuftaktpartie ausgeht, wird sich kurzfristig entscheiden.
„Natürlich fiebert und leidet man mit, sie ist ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft“, sagt Makas, die selbst im Frühjahr ihr Comeback nach zwei Kreuzbandrissen gegeben hat. „Aber wenn es nicht geht, gibt es andere Spiele- rinnen.“Auch Puntigam fühlt mit der Kollegin, sie und Schnaderbeck kennen sich seit Kindheitstagen. „Ich wünsche mir, dass sie es schafft und uns als Kapitänin aufs Feld führen kann“, sagt die Steirerin. Andernfalls stünde Virginia Kirchberger parat, Makas’ Klubkollegin bei Duisburg ist schon gegen Dänemark in der Innenverteidigung eingesprungen.
Das Adlerhorst-Stadion in Deventer kennen die Österreicherinnen vom Freundschaftsspiel gegen EM-Gastgeber Niederlande Mitte Juni. 4500 Zuschauer werden in der Heimstätte der Go Ahead Eagles erwartet, die familiäre Unterstützung bei der Endrunde führt Puntigam mit einem bis zu 18-köpfigen „Fanclub“an. Im Quartier feilt die 24-Jährige derweil unter Anleitung von Teamkollegin Marina Georgieva an „I am from Austria“auf dem Klavier. Ob sie so schnell lernt oder auf eine längere Zeit bis zur Abreise setzt? Puntigam: „Ich hoffe Zweiteres.“