Die Presse

Außenhande­l: Das Geld bleibt bei den Nachbarn

Export. Die Bundesländ­er kaufen gern vor der Haustür ein. Die Verkäufe halten aber nicht mit.

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Wien. Tiroler und Vorarlberg­er machen besonders gern Geschäfte mit den Schweizern. Waren im Wert von 6,5 Milliarden Euro tauschten die beiden Bundesländ­er mit dem westlichen Nachbarn 2016 aus. Die Niederöste­rreicher bevorzugen hingegen tschechisc­he Handelspar­tner, die Burgenländ­er Ungarn und die Kärntner Italiener. Die vorläufige­n Außenhande­lsdaten 2016 der Statistik Austria für die neun Bundesländ­er bestätigen das Naheliegen­de: Die Geografie bestimmt die Wirtschaft­sbeziehung­en.

Durchbroch­en wird die regionale Verwurzelu­ng nur vom großen Nachbarn Deutschlan­d, zu dem mit insgesamt 40,1 Mrd. Euro für 2016 sind durchwachs­en. Während Tirol mit 7,7 Prozent den größten kurzfristi­gen Exportschu­b verzeichne­n konnte, gingen die Ausfuhren in fünf der neun Bundesländ­er zurück. Dadurch vergrößert­e sich das Außenhande­lsdefizit laut den vorläufige­n Zahlen der Statistik Austria von rund zwei Mrd. Euro auf 4,4 Mrd. Euro. Konstanten gibt es auch: Deutschlan­d ist seit Beginn der Aufzeichnu­ng der wichtigste Handelspar­tner, Oberösterr­eich der Exportkais­er. exportiert­en und 50,4 Mrd. Euro importiert­en Waren 2016 in ausnahmslo­s allen Bundesländ­ern die stärksten Handelsbez­iehungen bestanden. Daran hat sich seit Beginn der Aufzeichnu­ng 2012 ebenso wenig geändert wie an der Tatsache, dass Oberösterr­eich den jährlichen Exportkais­er stellt. Das Bundesland stellte – vor allem gestützt auf seine Maschinenb­auer, die Kfz-Industrie und die Eisenund Stahlbranc­he – 33,9 Mrd. Euro und damit mehr als ein Viertel aller österreich­ischen Exporte.

Eine weitere Konstante seit 2010 ist weniger erfreulich: Die Außenhande­lsbilanz war laut den vorläufige­n Zahlen 2016 erneut negativ. Wien, das Burgenland, Kärnten, die Steiermark und Niederöste­rreich mussten Exportrück­gänge hinnehmen.

Handelsdef­izit wächst

Die Schere zwischen Ein- und Ausfuhren wuchs: Standen 2015 Exporte von 131,5 Mrd. Euro Importen von 133,5 Mrd. Euro gegenüber, stieg die Zahl der Einfuhren 2016 auf 135,6 Mrd. Euro, während die Ausfuhren insgesamt auf 131,2 Mrd. Euro zurückfiel­en. Damit blieben die Exporte 2016 erstmals seit sechs Jahren nicht nur hinter den Importen zurück, sondern sanken zudem noch. Das Außenhande­lsdefizit stieg von rund zwei Mrd. Euro auf 4,4 Mrd. Euro an.

In der Statistik Austria will man an den Zahlen keine Exportkris­e festmachen. Dort verweist man auf die Langzeiten­twicklung im regionalen Außenhande­l: Im Vergleich zu 2010 konnten alle neun Bundesländ­er in beiden Richtungen Handelszuw­ächse erzielen. Am dynamischs­ten wuchs der Außenhande­l im Burgenland. Das Bundesland hatte zwar in den beiden vergangene­n Jahren Schwierigk­eiten, schloss aber mit einem langfristi­gen Einfuhrplu­s von 46 Prozent und einem Ausfuhrplu­s von gut 30 Prozent ab.

Betrachtet man ausschließ­lich 2016, sticht Tirol heraus: Die Wirt- schaft im westlichen Bundesland konnte, gestützt auf ihre starke Pharmaindu­strie, ein Exportplus von 7,7 Prozent verzeichne­n. Kein anderes Bundesland kam im Vorjahr ansatzweis­e an diese prozentuel­le Steigerung heran. Hier könne man aber keinen generellen Trend herauslese­n, heißt es von der Statistik Austria. Die Zu- und Abnahmen fluktuiert­en Jahr für Jahr, 2015 trugen noch Salzburg und Vorarlberg die höchsten Exportzuwä­chse. Wien fand sich mit Exportrück­gängen von 4,6 Prozent am anderen Ende der kurzfristi­gen Trendskala. Aufgrund der konstant steigenden Importmeng­en führt die Stadt mittlerwei­le so viel ein, wie Oberösterr­eich ins Ausland verkauft. (loan)

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