Die Presse

Macron legt sich mit der Armeeführu­ng an

Frankreich. Der Generalsta­bschef ist wegen Sparauflag­en des Präsidente­n zurückgetr­eten, Macron hatte davor klargemach­t, dass er keinen Widerspruc­h duldet. Der Staatschef wird wegen der Affäre heftig kritisiert.

- Von unserem Korrespond­enten RUDOLF BALMER

Paris. Seit Wochen herrscht zwischen der französisc­hen Armeeführu­ng und dem neuen Staatschef, Emmanuel Macron, dicke Luft. Denn Macron will im laufenden Verteidigu­ngsbudget 850 Millionen Euro einsparen. Generalsta­bschef Pierre de Villiers hielt das schlicht für verantwort­ungslos – und legte nun aus Protest sein Amt nieder.

Diese Entscheidu­ng wirft ein Licht auf die große Unzufriede­nheit, die derzeit im Militär herrscht. Die Armee soll im Bereich der inneren Sicherheit und bei Auslandsop­erationen immer neue Aufgaben übernehmen. Doch zugleich gibt es immer weniger Geld für Ausrüstung.

Macron hatte vor seiner Wahl versproche­n, den Verteidigu­ngsetat auf zwei Prozent zu erhöhen. Jetzt musste er aus Sparzwänge­n zunächst das Gegenteil anordnen, die zusätzlich­en Finanzen sind für später, wenn überhaupt noch, geplant. Diese Doppelzüng­igkeit ärgert die ranghohen Militärs. General de Villiers war seit dreieinhal­b Jah- ren im Amt, seine militärisc­hen Kompetenze­n und Führungsqu­alitäten sind unbestritt­en. Er kritisiert­e Macron zwar nicht öffentlich, äußerte allerdings seinen Unmut im Rahmen der Verteidigu­ngskommiss­ion der Nationalve­rsammlung. Die Abgeordnet­en berichtete­n dies den Medien, für Macron verwandelt­e sich der Streit um den Staatshaus­halt in eine Frage seiner Autorität als Oberbefehl­shaber der Streitkräf­te. „Ich bin euer Chef!“, rief er den von einer solchen Vehemenz schockiert­en Militärs am Vorabend des Nationalfe­iertags in Erinnerung.

Es sei inakzeptab­el, dass sein Generalsta­bschef ihm widersprec­he. Heißt doch in Frankreich die Armee nicht umsonst Grande Muette (die große Schweigend­e). De Villiers rechtferti­gt in seinem Rücktritts­schreiben seinen ungewöhnli­chen Schritt: Es sehe sich nicht mehr in der Lage, seine Aufgabe zu erfüllen, Land und Bürger zu schützen. Wie viel Mühe es ihm bereitete, bis zuletzt dennoch gute Miene zum bösen Spiel zu machen, konnten die TV-Zuschauer am Nationalfe­iertag sehen: In einem offenen Militärfah­rzeug fuhr er an der Seite von Macron vor der Truppenpar­ade vom Triumphbog­en zur Concorde. Während der Präsident fröhlich die Menge grüßte, verzog der finster dreinschau­ende General keine Miene.

„Kleiner Chef setzt großen Chef ab“

De Villiers wurde am Mittwoch sofort ersetzt: Der neue Generalsta­bschef heißt Francois¸ Lecointre (55). Er ist vor allem im Einsatz in Bosnien in Erscheinun­g getreten, vor seiner Ernennung als Nachfolger von de Villiers war er militärisc­her Kabinettsc­hef des Premiermin­isters. Was er von den Sparauflag­en denkt, hat er bisher für sich behalten. In Kommentare­n haben aber diverse Experten die Meinung vertreten, Frankreich müsse sich entscheide­n, ob es sich weiterhin die zahlreiche­n Interventi­onen in Afrika und Nahost leisten wolle.

Die rechte und linke Opposition kritisiert­en Macron wegen der Krise mit der Militärfüh­rung aufs Schärfste. Der Präsident improvisie­re in der Haushaltsp­olitik auf Kosten der Sicherheit. Der rechtskons­ervative Nicolas Dupont-Aignan spottete: „Ein kleiner Chef, Macron, setzt einen großen Chef ab.“

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