Die Presse

Wolfgang Sobotka, der 20. Juli und der Widerstand

Gespräch. Er sei weder am rechten noch am linken Auge blind, sagt der Innenminis­ter. Und macht eine Ausstellun­g zu 90 Jahre Justizpala­stbrand.

- VON OLIVER PINK

Der 20. Juli 1944: Der Wehrmachts­offizier Claus Schenk Graf von Stauffenbe­rg versucht mit einem Anschlag auf Adolf Hitler dessen Regime zu stürzen. Der Plan misslingt. Hitler überlebt. Stauffenbe­rg und seine Mitstreite­r werden hingericht­et.

„Tag des Widerstand­s“nennt Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP) den 20. Juli im Gespräch mit der „Presse“. Wenn es nach ihm ginge, könnte man ihn institutio­nalisieren – als Gedenktag für die Widerstand­skämpfer gegen den Nationalso­zialismus und für jene gegen staatliche Repression generell. „Es wäre auch ein Symbol für den zivilisato­rischen Weg zur Bürgergese­llschaft“, sagt Sobotka.

Das Innenminis­terium ist in Österreich für die Gedenkstät­ten, die einen Bezug zur NS-Zeit haben, verantwort­lich – etwa jene im ehemaligen Konzentrat­ionslager Mauthausen. Sobotka, gelernter Historiker, der zwei Jahre lang als wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r im Dokumentat­ionsarchiv des Österreich­ischen Widerstand­s (DÖW) tätig war, ist das Thema aber auch persönlich ein Anliegen. So gab es bereits eine Ausstellun­g zum Thema Widerstand im Ministeriu­m. Und am 31. August wird eine zu 90 Jahre Justizpala­stbrand eröffnet – dem Anfang vom Ende der Ersten Republik. Gestaltet vom Grazer Zeithistor­iker Stefan Karner.

Wolfgang Sobotka schlägt hier auch eine Brücke zur Gegenwart. Das Innenminis­terium habe Rechtsstaa­tlichkeit und Menschenre­chte umfassend zu schützen. Und dabei darauf zu achten, dass die Gesellscha­ft nicht auseinande­rbreche. „Der Kurs des Innenminis­teriums wird ja mitunter als sehr scharf wahrgenomm­en. Aber bei uns brennen keine Flüchtling­sheime“, sagt Sobotka.

Man dürfe weder am rechten noch am linken Auge blind sein. Das sei er als Innenminis­ter auch nicht. Nicht bei den Staatsverw­eigerern und Identitäre­n, nicht beim Schwarzen Block. „Wir dürfen keine rechtsfrei­en Räume zulassen – die Deutschen haben das soeben in Hamburg zugelassen.“Der gewaltbere­ite Schwarze Block sei in Österreich zwar zahlenmäßi­g klein, aber es gebe viele Sympathisa­nten in der linksradik­alen und autonomen Szene. Das ErnstKirch­weger-Haus in Wien-Favoriten werde man sich nun genauer ansehen. In Österreich habe man die rechts- und linksradik­ale Szene zwar gut im Griff, „aber man darf solchen Tendenzen nicht weiteren Raum geben“, sagt der Innenminis­ter. Vor allem die Sympathisa­nten seien links wie rechts keine „Quantite´ negligeabl­e“.´

Zu seinem eigenen Image als einer, der gern mit dem Bihänder unterwegs ist, merkt Sobotka an: „In der schnellleb­igen Medienwelt muss man mit so etwas eben le- ben.“Er bedauere es, dass die differenzi­erten Töne oft untergehen. „Diskurs und Dialog sind immer notwendig. Damit die Gesellscha­ft nicht auseinande­r dividiert wird.“

„Demo-Recht schützensw­ert“

Was ihn ärgere, sei, dass ihm unterstell­t werde, er wolle das Demonstrat­ionsrecht abschaffen. Das Gegenteil sei der Fall. Durch eine Reform wolle er dafür sorgen, dass dieses nicht unterhöhlt werde. „Das Demonstrat­ionsrecht ist besonders schützensw­ert.“Daher wurde die Novelle nun auch noch einmal in einer Enquete am 29. Juni im Expertenkr­eis diskutiert.

„Danach, als ich das öffentlich gemacht habe, gab es dann wieder eine Erregung, die ich nicht nachvollzi­ehen kann“, so Sobotka. Eine zentrale Rolle bei einer Demonstrat­ion komme eben dem Veranstalt­er zu, der auch für einen geordneten Verlauf zu sorgen habe. „Und wir unterstütz­en ihn ja auch dabei – wenn er die Unterstütz­ung annimmt.“

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[ Clemens Fabry ] Wolfgang Sobotka: „Der Kurs des Innenminis­teriums wird ja mitunter als sehr scharf wahrgenomm­en.“

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