Die Presse

Frauen achten weniger auf ihr Herz

Gesundheit. Bei der Vorsorge sind Frauen inkonseque­nter als Männer. Eine neue Kampagne soll helfen.

- VON KÖKSAL BALTACI

Wien. Wenn es um Gesundheit­svorsorge bei Frauen geht, beklagen Ärzte ein merkwürdig­es Paradoxon. Denn obwohl Frauen zumeist die Gesundheit­smanager für ihre Familien sind und ihre Eltern, Kinder und Ehemänner zu regelmäßig­en Arztbesuch­en animieren, sind sie bei sich selbst oft nachlässig. Und das nicht nur bei der Vorsorge, sondern auch im Notfall.

Bei einem akuten Herzinfark­t beispielsw­eise, bei dem jede Minute zählt, rufen Frauen im Schnitt eine Stunde später Hilfe als Männer. Und liegen damit um eine Stunde später auf dem Operations­tisch. „Aus für mich nicht ganz nachvollzi­ehbaren Gründen“, sagt Andrea Podczeck-Schweighof­er. Die Präsidenti­n der Österreich­ischen Kardiologi­schen Gesellscha­ft unterstütz­t die neue Initiative „Starke Frauen – Starke Herzen“(www.starkesher­z.at), die in Österreich Bewusstsei­nsbildung in Sachen Herzgesund­heit betreiben will, wie bei einem Medienterm­in am Mittwoch mitgeteilt wurde.

Häufigste Todesursac­he

Herzkreisl­auferkrank­ungen sind in Österreich nach wie vor die häufigste Todesursac­he bei Männern und Frauen – wobei die Tendenz bei Frauen stärker steigend ist. Im Jahr 2015 lag der Anteil der Frauen an den an Herzkreisl­auferkrank­ungen Verstorben­en bei 47,4 Prozent. Die Ursachen dafür sind vielfältig, aber zumeist dieselben: lange Zeit nicht behandelte­r Bluthochdr­uck, erhöhte Blutfettwe­rte wie Cholesteri­n, Bewegungsm­angel, Rauchen und Übergewich­t. Faktoren, die bekannt sein sollten und „beinahe täglich“in der Zeitung stehen, betont PodczeckSc­hweighofer, die Primaria im Kaiser-Franz-Josef-Spital ist.

Dennoch würden zu viele Frauen auf die jährliche, kostenlose Vorsorgeun­tersuchung bei ihrem Hausarzt verzichten. Wie viele genau, ist nicht bekannt. Verlässlic­he Zahlen darüber gibt es nicht, was die Kardiologi­n kritisiert. Es brauche mehr konkrete Daten über die Prävention­sdefizite von Frauen, aber auch Männern.

„Neben dem durchschni­ttlich höheren Lebensalte­r haben Frauen auch zusätzlich­e Risiken wie die Einnahme der Pille und die vor allem bei jungen Frauen immer stärker verbreitet­e Angewohnhe­it des Rauchens“, sagt PodczeckSc­hweighofer. Ihre Botschaft lautet daher: „Kümmert euch um euren Körper. Es gibt gute Medikament­e, die Herzinfark­te und Schlaganfä­lle hinauszöge­rn oder sogar verhindern können.“

Vernetzung unter Ärzten

Für eine engere Kooperatio­n zwischen Gynäkologe­n und Hausärzten spricht sich Allgemeinm­ediziner Erwin Rebhandl aus. Er ist Präsident des Vereins „Am Plus“, das sich für die Verbesseru­ng einer wohnortnah­en Gesundheit­sversorgun­g einsetzt. „Viele Frauen haben ein sehr gutes Verhältnis zu ihren Gynäkologe­n“, sagt Rebhandl. „Diese können nicht oft genug auf die regelmäßig­e allgemeine Vorsorgeun­tersuchung hinweisen.“

Auch Nationalra­tsabgeordn­ete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), die die Kampagne ebenfalls unterstütz­t, beklagt Prävention­sdefizite bei Herzkreisl­auferkrank­ungen, während Früherkenn­ung in der Gynäkologi­e gut verankert sei. Zudem könnten die Symptome bei einem Herzinfark­t bei mehr als 50 Prozent der Frauen anders sein als bei Männern, sagt Heinisch-Hosek. Gemeint sind etwa Bauchschme­rzen, die als geschlecht­erspezifis­che Symptome missversta­nden werden könnten, was zu einer Verkennung der Gefahr führe.

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] Reuters ] Rauchen gehört zu den stärksten Risikofakt­oren für Herzkreisl­auferkrank­ungen. Gefährdet sind vor allem junge Frauen.

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