Die Presse

„Ich wäre Hamilton so richtig in die Kiste gefahren“

Motorsport. Walter Röhrl, 70, ist Deutschlan­ds Rallye–Legende, wurde 1980 und 1982 Weltmeiste­r, er spricht über sein Faible für Oldtimer, die Ennstal Classic und die Natur. „Linke Aktionen“wie die von Lewis Hamilton verurteilt er scharf.

- VON MARKKU DATLER

Die Presse: Sie sind Stammgast der Ennstal Classic, die ihr 25. Jubiläum feiert. Haben Oldtimer wirklich für Rallyefahr­er, die früher mit 160 km/h durch den Wald gerast sind, ihren Reiz? Walter Röhrl: Mir geht es im Prinzip nur darum, dass ich ein schönes, altes Auto fahren kann. Da habe ich das Gefühl, dass ich noch der Teil bin, der das Auto gut fährt. In einem alten Auto kann der Fahrer etwas mehr dazu beitragen, mit einem neuen kann jeder fahren. Das ist der springende Punkt.

Die Stoppuhr vermissen Sie also längst nicht mehr? Ja, das trifft es. In Österreich sehe ich schöne Strecken. Mir geht es ums Auto, die Natur, tolle Straßen. Der Ausblick ist ein Traum. Ich lasse mich nicht von irgendeine­r Uhr leiten, ich will etwas erleben.

Bei Oldtimern kann man eventuell noch selbst etwas reparieren. Bei neuen müssen Sie einen Computer dabei haben. Allerdings: wer kennt heute noch einen Verteiler? Sie lenken einen Porsche 356 2000 GT. Heckantrie­b ist nicht jedermanns Sache, bei Schnee oder Regen bedarf es Fahrgefühl. Nein, es verlangt mehr Können mit Heckantrie­b zu fahren. Gegenlenke­n, mehr Gas oder weniger, da gibt es viele Möglichkei­ten, auf Schnee oder Schotter überhaupt.

Sie wurden 1980 und 1982 Rallye-Weltmeiste­r, wie sehr hat sich Ihr Sport verändert? Naja, die WM hat schon noch Charakter, doch. Das Elementare ist weiterhin, dass man auf einer Straße fährt, die nicht für Motorsport gemacht ist. Es sind Feldwege, Waldstücke ohne Sicherheit­szonen, mit Abgründen, Bäumen. Das ist das Entscheide­nde, es kommt auf den Fahrer an, obwohl die Autos von heute dich fast unsterblic­h machen mit ihrer Stabilität, Vorkehrung­en, all der Technik. Aber, du musst wissen: wenn du einen Fehler machst, wirst du bestraft. Rallyefahr­er müssen sich bewusst sein, da kann sehr schnell sehr weh tun. Es erzieht dich zur Verantwort­ung. Da sitzt ja auch ein zweiter Mensch im Auto. Sie legen viel Wert auf Einsatz und Geschick. Gibt es im Motorsport aber heute noch Begriffe wie Ethik oder Moral? Ja, der Rallyefahr­er erzieht sich dazu, er lebt damit. Er verschafft sich keine Vorteile durch linke Ideen wie Lewis Hamilton beim Formel-1-GP von Baku, der einfach so vom Gas ging. Unglaublic­h! Und deshalb war es gut, dass Sebastian Vettel so reagiert hat, damit alle einmal aufwachen und sehen, wie link es da zugeht. Und Vettel war dann der böse Mann? Also manchmal verstehe ich das alles nicht mehr. Ich wäre ihm so richtig in die Kisten gefahren, dass er nicht mehr weiterfahr­en hätte können. Und nachher mimt Hamilton noch den Saubermann und Vettel soll kein Vorbild für die Jugend sein? Verrückt ist das, was soll denn das? Zum Glück mache ich keinen Motorsport mehr, da würde ich schnell meine Lizenz verlieren, wenn ich denen meine Meinung sage.

Und die Rallye-WM, ist sie nicht monoton geworden, wenn immer nur Sebastian Ogier siegt? Ach, Rallyespor­t ist doch immer noch ein Abenteuer. Und der Ogier, der Arme! Er ist der beste Fahrer auf der Welt – und hat es trotzdem viel schwerer als ich damals. Denn die Autos von heute sind leichter zu fahren und auch die weniger Begabten können mit ihnen sehr schnell fahren. In meiner Zeit waren die Autos alle sehr schwer zu fahren und es war so leicht, schwere Fehler zu machen. Aber das ist vorbei. Sebastian Ogier muss immer auf der letzten Rille fahren gegen junge Piloten, die selbst ausnahmslo­s das allerletzt­e Risiko wagen. wurde am 7. März 1947 in Regensburg geboren, war bis 1987 Rallyefahr­er, gewann 1980 und 1982 die WM. In Monte Carlo war er nicht zu stoppen, viermal – mit vier Marken: 1980 Fiat, 1982 Opel, 1983 Lancia und 1984 Audi.

arbeitet er für Porsche.

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