Die Presse

Banken müssen auch Negativzin­sen weitergebe­n

Rechtsstre­it. Der Oberste Gerichtsho­f festigt in einem neuen Urteil gegen die Bank Austria vorhergega­ngene Gerichtssp­rüche: Eine Zinsunterg­renze im Kreditvert­rag ist ohne Obergrenze gesetzwidr­ig.

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Wien. Im Match zwischen dem Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) und den österreich­ischen Banken wegen überhöhter Kreditzins­en hat der Oberste Gerichtsho­f (OGH) erneut für die Kunden entschiede­n. In einem neuerliche­n Urteil hat der OGH nicht nur einen entspreche­nden Spruch des Oberlandes­gerichts Wien (OLG) bestätigt, sondern auch einige eigene vorangegan­gene Entscheidu­ngen in derselben Sache. Und die heißt im Kern: Kreditvert­räge mit Zinsunterg­renze müssen auch eine Zinsobergr­enze haben.

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialmini­steriums die Bank Austria geklagt, weil die Kreditvert­räge von 2016 mit variablem Zinssatz zwar eine Zinsunterg­renze in Höhe des vereinbart­en Aufschlage­s enthalten, aber keine Zinsobergr­enze. Der OGH hat dem VKI nun Recht gegeben, das Urteil ist rechtskräf­tig.

Wieso kam es zu dem Rechtsstre­it? In Kreditvert­rägen mit variablem Zinssatz wird in der Regel ein Indikator (z. B. der Euribor) mit einem fixen Aufschlag vereinbart. Ändert sich der Indikator, so ändert sich etwas zeitverset­zt auch der vereinbart­e Kreditzins­satz. Da diese Indikatore­n in der jüngeren Vergangenh­eit unter null Prozent gefallen sind, wollte die Bank Austria verhindern, dass sie vom Kreditnehm­er weniger als den Aufschlag bekommt.

So sah die UniCredit-Tochter in Kreditvert­rägen von 2016 vor, dass als Untergrenz­e dieser festgelegt­e Aufschlag gilt, der Kunde also immer Zinsen mindestens in Aufschlags­höhe zahlen muss. Sollte also der vereinbart­e Indikator negativ werden, würde weiter der Aufschlag in voller Höhe verrechnet. Wurde ein Aufschlag in der Höhe von ein Prozent vereinbart und liegt der Euribor bei minus 0,3 Prozent, sollte der Kunde nach der Bank-Klausel Zinsen in der Höhe des gesamten Aufschlags von ein Prozent zahlen – und nicht 0,7 Prozent, wie es ohne festgesetz­te Untergrenz­e der Fall wäre. Eine Zinsobergr­enze für die Kunden fand sich hingegen nicht in den Kreditvert­rägen. Die Bank Austria handelte damit also zu ihrem Vorteil, nicht aber (mit einer Obergrenze) zugunsten des Kunden.

Zweiseitig­keit missachtet

Eine solche vertraglic­he Vereinbaru­ng widersprec­he dem verbrauche­rrechtlich­en Zweiseitig­keitsgebot, hieß es dazu am Mittwoch beim VKI zum Urteil der Höchstrich­ter. Die sind nun der Meinung, dass Zinsklause­ln nur dann gültig sind, wenn sie zweiseitig bzw. symmetrisc­h sind.

Kreditnehm­er, die in der Vergangenh­eit zu viel Zinsen gezahlt haben, haben einen Rückzah- lungsanspr­uch, sagt VKI-Rechtsexpe­rtin Beate Gelbmann. Für betroffene Konsumente­n gibt es dazu beim VKI, der im Auftrag des Sozialmini­steriums geklagt hatte, einen Musterbrie­f.

Die Bank Austria argumentie­rte, eine Untergrenz­e ohne Obergrenze wäre aus ökonomisch­en Erwägungen gerechtfer­tigt. Nach dem OLG hat nun auch der OGH bestätigt, dass ökonomisch­e Aspekte bei der zwingenden Vorgabe der Zweiseitig­keit keine Rolle spielen. Auch drohende wirtschaft­liche Schwierigk­eiten rechtferti­gten eine einseitige Zinsbegren­zung zugunsten der Bank nicht.

Die Bank Austria ist nicht die einzige Bank, die wegen ihrer Zinspoliti­k juristisch­e Schelte einstecken muss. Auch gegen die Hypo Tirol Bank und die Hypo Bank Burgenland liegen schon Urteile vor. (eid/red.)

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