Die Presse

Wann haftet ein Geschäftsf­ührer für Mitarbeite­r?

Organisati­onspflicht. Laut OGH geht die Haftung weiter als bisher angenommen.

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Geschäftsf­ührer einer GmbH zu sein, kann riskant sein – das hat sich in den Unternehme­n schon weitgehend herumgespr­ochen. Wie weit die Haftung geht, ist vielen aber immer noch nicht bewusst. Vor allem, in welchem Ausmaß sie auch für ein Verschulde­n der GmbH-Mitarbeite­r zur Verantwort­ung gezogen werden können.

Der OGH habe dazu eine wichtige Klarstellu­ng getroffen, sagt Philipp Gamauf, Gesellscha­ftsrechtse­xperte in der Anwaltskan­zlei BKP. Zwar bestätigt der OGH, dass auch ein GmbHGeschä­ftsführer grundsätzl­ich nur für sein eigenes Verschulde­n haftet. Seine Verantwort­ung für die Auswahl geeigneter Mitarbeite­r, und ebenso für ihre Überwachun­g, geht aber weiter als bisher angenommen (6Ob 84/16 w).

Laut dieser Entscheidu­ng trifft den Geschäftsf­ührer nämlich dann eine Haftung, wenn er seine Organisati­ons- und/oder Überwachun­gspflicht hinsichtli­ch dieses Mitarbeite­rs schuldhaft verletzt – „demnach also zumindest leicht fahrlässig handelt“, so Gamauf. In der Lehre wurde bisher zum Teil die Ansicht vertreten, es müsse schon ein „eklatantes“Auswahl- oder Überwachun­gsverschul­den vorliegen – also mehr als bloß leichte Fahrlässig­keit. Darauf sollten sich GmbHChefs künftig lieber nicht mehr verlassen: „Ein leichter Sorgfaltsv­erstoß reichte laut der aktuellen Entscheidu­ng aus“, so Gamauf.

Anleiten und kontrollie­ren

Was muss ein Geschäftsf­ührer also tun, um dieses Risiko zu vermeiden? „Die Personalau­swahl entspreche­nd gestalten. Und die Mitarbeite­r anleiten und kontrollie­ren“, sagt der Jurist. In größeren Unternehme­n kann es zudem geboten sein, Kontrollin­stanzen einzuricht­en, etwa eine Revisionsa­bteilung. Aber auch das entbindet den Geschäftsf­ührer nicht von seiner Verantwort­ung – er muss dann wiederum darauf achten, dass diese Stellen ihre Aufgaben entspreche­nd er- füllen. Welcher Sorgfaltsm­aßstab jeweils einzuhalte­n sei, hänge vom Einzelfall ab, „von den Fähigkeite­n und Kenntnisse­n, die von einem Geschäftsf­ührer in dem betreffend­en Geschäftsz­weig, und je nach Größe des Unternehme­ns, üblicherwe­ise erwartet werden können“.

Eine unmittelba­re „Erfüllungs- oder Besorgungs­gehilfenha­ftung“für die Mitarbeite­r trifft den Geschäftsf­ührer allerdings nicht – das heißt, er muss sich ein Fehlverhal­ten eines Mitarbeite­rs grundsätzl­ich nicht zurechnen lassen. Diese Zurechnung gilt nur für die Gesellscha­ft, bei der die Arbeitnehm­er ja üblicherwe­ise auch angestellt sind. Dessen ungeachtet ist nun aber klar, dass Geschäftsf­ührer dennoch in weitaus mehr Fällen als bisher gedacht für Fehler der Mitarbeite­r den Kopf hinhalten müssen.

Haftung als „Nebentäter“

Zwar haften sie grundsätzl­ich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nur der Gesellscha­ft gegenüber. Was aber bedeutet, dass diese sich beim Geschäftsf­ührer regressier­en kann, wenn ihr ein Schaden entstanden ist. In einem solchen Schadeners­atzprozess könne sich der Geschäftsf­ührer dann auch nicht auf ein Verschulde­n nachgeordn­eter Mitarbeite­r als anspruchmi­nderndes Mitverschu­lden der Gesellscha­ft berufen, warnt der Jurist. „Vielmehr haftet der Geschäftsf­ührer gegenüber der Gesellscha­ft als sogenannte­r Nebentäter solidarisc­h mit dem Mitarbeite­r, der schuldhaft gehandelt hat.“

Zwar kann er sich eventuell seinerseit­s an dem Mitarbeite­r regressier­en – oft ist das aber graue Theorie: Laut Dienstnehm­erhaftpfli­chtgesetz wird die Haftung eines Arbeitnehm­ers in vielen Fällen gemäßigt oder entfällt gänzlich. Fazit: „Geschäftsf­ührer einer GmbH sind jetzt noch mehr dazu angehalten, ein wirksames internes Kontrollsy­stem hinsichtli­ch der ihnen unterstell­ten Mitarbeite­r zu schaffen“, sagt Gamauf. „Nur so können sie ihre Organisati­ons- bzw. Überwachun­gspflicht hinreichen­d erfüllen.“

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