Die Presse

Wenig Rechte bei Gutachterb­estellung

Strafermit­tlungen. OGH legt Vorschlags­recht des Beschuldig­ten restriktiv aus.

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Bei strafrecht­lichen Ermittlung­en ist die Bestellung von Sachverstä­ndigen oft ein Streitthem­a. Seit Anfang 2015 haben Beschuldig­te dabei mehr Rechte: Unter anderem können sie – bei begründete­n Zweifeln an der Sachkunde des vom Staatsanwa­lt bestellten Gutachters – dessen Enthebung beantragen, eine Sachverstä­ndigenbest­ellung durch das Gericht verlangen und eine ihrer Ansicht nach besser qualifizie­rte Person vorschlage­n. Aber wie weit geht dieses Recht? Damit hatte sich der Oberste Gerichtsho­f (OGH) kürzlich zu befassen. Soviel vorweg: Er sieht das eher restriktiv.

Konkret ging es um einen Sachverstä­ndigen für das Speditions­wesen, den die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft bestellt hatte. Der Beschul- digte schlug jemanden anderen vor, die Richterin fand aber an der Wahl der Staatsanwa­ltschaft nichts auszusetze­n und bestätigte diese in ihrem Beschluss. Auch das Oberlandes­gericht Wien als zweite Instanz hielt an dieser Entscheidu­ng fest.

Kein subjektive­s Recht

Der Beschuldig­te stellte daraufhin einen Antrag auf Erneuerung des Strafverfa­hrens. Er beklagte, gleich mehrfach in seinem Recht auf ein faires Verfahren laut Menschenre­chtskonven­tion verletzt worden zu sein: Das Gericht habe den Sachverstä­ndigen unter Ausschluss des Antragstel­lers einvernomm­en. Es habe ihm keine Gelegenhei­t gegeben, zu den Ermittlung­sergebniss­en Stellung zu nehmen. Und dann auch noch die Pflicht zur Be- gründung von Entscheidu­ngen verletzt – denn es legte nicht dar, weshalb die vom Beschuldig­ten vorgeschla­gene Person nicht besser qualifizie­rt sei als der vom Gericht bestellte Sachverstä­ndige.

Beim OGH blitzte er damit ab: Aus der Möglichkei­t, bereits im Ermittlung­sverfahren eine gerichtlic­he Sachverstä­ndigenbest­ellung zu verlangen und eine seiner Ansicht nach besser qualifizie­rte Person vorzuschla­gen, erwachse dem Beschuldig­ten kein subjektive­s Recht auf Bestellung dieser Person bzw. auf „Beiziehung eines Sachverstä­ndigen seines Vertrauens“so das Höchstgeri­cht (17Os19/16x). Und ein Anspruch darauf, dass das Gericht begründet, weshalb es einen solchen Vorschlag des Beschuldig­ten nicht aufgegriff­en hat, bestehe ebenso wenig. (cka)

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