Wann kam der beste Freund?
Paläogenetik. Genome von alten Hundeknochen deuten darauf, dass der Wolf nur einmal domestiziert wurde, vor etwa 40.000 Jahren.
Wenig ist so umstritten wie Ort und Zeit des Beginns der wunderbarsten aller Freundschaften, der zwischen Hund und Mensch. Man weiß nicht einmal so recht, wer auf wen kam: Lange ging man davon aus, dass der Mensch der aktive Teil war, junge Wölfe fing und sie für seine Zwecke domestizierte, zum Jagen, als Wächter. Aber 2001 stellte Raymond Coppinger (Hampshire College) alles auf den Kopf: Nicht der Mensch sei auf den Hund (bzw. Wolf ) gekommen, sondern umgekehrt der auf ihn. Und zwar zu der Zeit, als die Menschen sesshafte Bauern wurden und auf ihren Müllplätzen auch Speisereste aus Getreide entsorgten.
Die Idee galt lange als Spielerei, im Vorjahr wurde sie aber durch Genanalysen bestätigt: Die Stärke im Getreide wird von einem Enzym verwertet, einer Amylase. Eines ihrer Gene (Amy2B) hat sich bei vielen Menschen wieder und wieder verdoppelt. Aber nicht bei allen Menschen: Bei Inuit etwa, die von Fisch und Robben leben, blieb die Amylase schwach. Das ist sie auch bei Wölfen. Bei Hunden hingegen hat es oft Verdoppelungen gegeben, und zwar spätestens vor 7000 Jahren in Rumänien und 5000 in Frankreich, da war die Landwirtschaft gerade von Anatolien gekommen.
Aber wann waren nun die Wölfe auf die Menschen gekommen? Der Streit wogt sowohl zwischen Archäologen und Genetikern wie auch innerhalb Letzterer: Die mit 33.000 Jahren ältesten und auch nicht ganz gesicherten Hundeknochen fanden sich in Sibirien, aber Genanalysen heutiger Hunde deuteten gar auf 135.000 Jahre.
Genome heutiger Hunde verwirren
Andere Genetiker kamen auf andere Zahlen, und bezüglich des Orts bildeten sich zwei Lager: Das eine vermutet, die Wölfe seien zwei Mal domestiziert worden, an verschiedenen Enden der Erde, einmal in Ostasien, einmal in Europa. Das andere beharrt auf nur einer Domestikation in Ostasien. Alle Versuche, mit Genomen heutiger Hunde Klarheit zu schaffen, scheiterten – weil vor allem im 19. Jahrhundert sehr viele Linien gezüchtet und manche ganz rein gehalten, andere gekreuzt wurden –, deshalb hat es Krishna Veeramah (New York) nun mit Paläogenetik versucht.
Zwei 7000 bzw. 4700 Jahre alte Knochen stammten aus Deutschland, ein 5000 Jahre alter aus Irland. Aus ihrem Vergleich – und dem mit heutigen Hunden und Wölfen und aus dem Abschätzen der Mutationsraten – errechnete Veeramah, dass Wölfe und Hunde vor 36.900 bis 41.500 Jahren getrennte Wege gegangen sind, und dass sie das nur ein Mal getan haben (Nature Communications 18. 7.). Allerdings konzediert der Forscher, dass sein Wort nicht das letzte der Debatte sein wird. Die lässt sich erst schließen, wenn man mehr Paläoknochen analysiert.