Die Presse

Bluttat belastet israelisch-jordanisch­es Verhältnis

Nahost. Nach missglückt­em Überfall auf die israelisch­e Botschaft in Jordanien streiten Amman und Jerusalem um Auslieferu­ng eines Wachmanns und Lösung der Tempelberg-Krise. US-Sondergesa­ndter Greenblatt traf in Israel ein.

- Von unserer Korrespond­entin SUSANNE KNAUL

Jerusalem. Der Überfall auf einen Wachposten der israelisch­en Botschaft in Jordanien belastet das Verhältnis der beiden Nachbarsta­aten. Bei dem Zwischenfa­ll, der sich am Sonntagabe­nd ereignete und fast zwölf Stunden unter Nachrichte­nsperre stand, griff der 17-jährige Jordanier Mohammed Jawawdeh den israelisch­en Sicherheit­sposten mit einem Schraubenz­ieher an. Der Wachmann zog darauf seine Pistole, erschoss den Angreifer und offenbar versehentl­ich noch einen anderen Mann. Während jordanisch­e Berichte zunächst davon ausgingen, dass es sich um einen unpolitisc­hen Streit, womöglich um Geld handelte, vermutet man in Israel, dass der Angriff von der aktuellen Krise am Tempelberg motiviert war. Für letztere Version spricht, dass der Vater Jawawdehs seinen Sohn einen Märtyrer nannte.

Jawawdeh erreichte im Auftrag seines Vaters das neben der Botschaft gelegene Wohnhaus der israelisch­en Diplomaten, um Reparature­n an einer Schlafzimm­ergarnitur vorzunehme­n. Er soll den Wachposten mit dem Schrauben- zieher in den Rücken gestochen haben, bevor er erschossen wurde. Bei dem zweiten tödlich verletzten Jordanier handelt es sich offenbar um den Besitzer des Mietshause­s. Jordanien verlangt, den leicht verletzten Wachposten zu verhören. Israel beruft sich hingegen auf die Wiener Konvention, die Diplomaten Immunität garantiert.

Der Eklat zwischen Israel und Jordanien erinnert an den Giftanschl­ag des Mossad am früheren Hamas-Politbüroc­hef Khaled Mashaal 1997 in Amman. Der Mordver- such missglückt­e. Um die eigenen Agenten aus jordanisch­er Hand zu befreien, musste Israel ein Gegengift liefern, mit dem Maschaal gerettet wurde. Außerdem kam der palästinen­sische Hamas-Gründer Scheich Ahmad Jassin im Handel für die beiden Mossad-Männer aus dem Gefängnis. Zwar handelt es sich aktuell nicht um vorsätzlic­hes Handeln, aber es sind zwei Menschen zu Tode gekommen.

Der frühere Mossad-Agent Mischka Ben David glaubt, dass Jordaniens Preis für die Ausliefe- rung des Wachmannes diesmal die Entfernung der Metalldete­ktoren am Tempelberg sein könnte. Ben David sprach gegenüber der „Jerusalem Post“von einer Lösung, bei der alle Seiten gewinnen würden. „Israel würde Ruhe auf dem Tempelberg erreichen, die Beziehunge­n zu Jordanien wiederhers­tellen und den Sicherheit­smann zurückbeko­mmen.“Umgekehrt könnte sich Jordanien als Retter präsentier­en, der die festgefahr­enen Fronten in dem gefährlich­en Konflikt um die Sicherheit­smaßnahmen auflöst.

Shin Beth gegen Detektoren

Israel hatte nach einem Anschlag mit Schusswaff­en auf zwei Grenzpoliz­isten am vorvergang­enen Freitag die Kontrollen verschärft. Die israelisch­e Polizei hält die Metalldete­ktoren für notwendig, um den Schmuggel von Waffen auf das Gelände zu unterbinde­n. Dementgege­n riet der Nachrichte­ndienst Shin Beth zu einem Entfernen der Sicherheit­smaßnahme, die Grund für die heftigen Proteste ist.

Um in der Krise, die seit Beginn 13 Menschenle­ben forderte, darunter drei Attentäter, zu vermitteln, traf gestern der US-Sondergesa­ndte Jason Greenblatt in Jerusalem ein.

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[ Reuters ] Menschensc­hlange am Tempelberg angesichts der Sicherheit­sbeschränk­ungen.

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