Die Presse

Strolz: EU soll Land in Afrika pachten

Flüchtling­spolitik. Die Neos schlagen Aufnahmeze­ntren in zwei nordafrika­nischen Staaten vor. Dorthin sollen auch Flüchtling­e zurückgebr­acht werden, die im Mittelmeer aufgegriff­en wurden.

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Wien. Die Flüchtling­sroute über das Mittelmeer bleibt weiterhin auf der Wahlkampfa­genda der österreich­ischen Innenpolit­ik. Am Montag schalteten sich die Neos mit einem neuen, eher ungewöhnli­chen Vorschlag in die Debatte ein: Die EU solle in zwei – nicht näher genannten – nordafrika­nischen Staaten Land pachten und dort Aufnahmeze­ntren errichten, in denen dann alle Asylanträg­e behandelt werden. Flüchtling­e, die im Mittelmeer von Hilfsschif­fen aufgegriff­en werden, würden laut Neos-Plan in diese Zentren zurückgebr­acht.

Ein Aufgriff im Mittelmeer würde dann nicht mehr automatisc­h ein Ticket in die EU bedeuten“, sagte Parteichef Matthias Strolz der „Kleinen Zeitung“. Flüchtling­e ohne positiven Bescheid sollten in das jeweilige Herkunftsl­and rückgeführ­t werden. Jene, die nur temporär Schutz suchten, könnten in dem exterritor­ialen Gebiet der EU versorgt werden – „was die Europäer billiger käme als eine Versorgung in Europa“. In dem „genügend großen Gebiet“in Nordafrika, das die EU auf 99 Jahre pachten solle, müsste freilich europäisch­es Recht gelten, so Strolz. Die Anmietung sollte in einen „umfassende­n Masterplan für Afrika“, insbesonde­re für die beiden Staaten, die ja einen Teil ihres Territoriu­ms de facto abtreten, eingebette­t werden.

Kampf den Schleppern

Grundsätzl­ich ist die Neos-Position nicht weit von jener der ÖVP entfernt. Eine Rettung im Mittelmeer dürfe nicht automatisc­h das Anlaufen eines europäisch­en Hafens mit sich bringen, erklärte Innenminis­ter Wolfgang Sobotka am Montag beim Migrations­gipfel in Tunis. „Vielmehr ist sicherzust­ellen, dass Flüchtling­e an die nächste sichere Anlegestel­le innerhalb nordafrika­nischer Gewässer gebracht werden, um eine Anlandung in Europa im Vorhinein zu verhindern.“

Die aktuelle Vorgehensw­eise nütze weder Flüchtling­en noch betroffene­n Staaten, sondern „ausschließ­lich kriminelle­n Schlepperb­anden“. Und denen will Sobotka den Kampf ansagen. Es sei notwendig, Schlepper schon an der nordafrika­nischen Küste zu bekämpfen. Dazu gehöre auch der Schutz der libyschen Südgrenze, um schon Fluchtbewe­gungen von Zentralafr­ika an die Küste zu verhindern.

Laut der UN-Flüchtling­sagentur UNHCR kommen die meisten Flüchtling­e und Migranten irregulär nach Libyen. Aus Ostafrika reisen sie meist durch den Sudan an, aus West- und Zentralafr­ika durch Niger, in geringem Maß auch durch Algerien. Viele der Flüchtling­e und Migranten sind junge Männer, die in Etappen reisen, die sie selbst organisier­t haben. Fast alle suchen Hilfe von Schleppern oder kriminelle­n Netzwerken mit Gebühren von rund 5000 US-Dollar, um zunächst einmal nur Libyen zu erreichen. Die Schlepperi­ndustrie werde profession­eller und gefährlich­er, wobei bewaffnete Gruppen eine zunehmend dominieren­de Rolle spielten, heißt es beim UNHCR.

Um die steigenden Risken für Flüchtling­e und Migranten nach und durch Libyen zu verringern, empfiehlt die Flüchtling­sagentur mobile Interventi­ons-Schlüsselz­entren (key hubs) im Süden Libyens, etwa in Bani Walid, Rebyana, Tazerbu und Kufra. (red./APA)

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[ Clemens Fabry ] Mittelmeer­route schließen? Neos-Chef Matthias Strolz rät der EU, Land in Nordafrika auf 99 Jahre zu pachten.

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