Die Presse

Anleitung gegen die Landflucht

Ländlicher Raum. Junge, vor allem junge Frauen, zieht es verstärkt in das städtische Gebiet. Wie kann man das verhindern? Minister Rupprechte­r präsentier­t nun seinen Masterplan.

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Wien. Im November 2016 hat man es vielleicht ahnen können, sicher war es aber nicht: Dass die Nationalra­tswahl vorgezogen wird, nämlich. Also startete Landwirtsc­haftsminis­ter Andrä Rupprechte­r (ÖVP) ein großes Projekt: Ein Masterplan für den ländlichen Raum wurde gemeinsam mit Wissenscha­ftlern und Experten ausgearbei­tet. Auf 127 Seiten wurde zusammenge­fasst, wie man der Landflucht entgegenwi­rken kann. Heute, Dienstag, wird das Ergebnis offiziell präsentier­t. Natürlich nicht in der Großstadt Wien, sondern in der Werft im niederöste­reichische­n Korneuburg. Der Haken daran: Durch die Wahl am 15. Oktober kann der Plan nicht von der Regierung beschlosse­n werden. Rupprechte­r kann nur darauf hoffen, dass er in der nächsten Legislatur­periode wieder aufgenomme­n wird. Worum geht es nun genau? Ein Überblick.

Überalteru­ng vermeiden

Begleitet wurde die Arbeit wissenscha­ftlich von Peter Filzmaier und Gottfried Haber von der Donau-Universitä­t Krems. Beide kommen zu dem Schluss: Der ländliche Raum sterbe zwar nicht aus, aber er überaltert nachweisli­ch. Und das sei auch aus ökonomisch­er Sicht nicht sinnvoll. „Bis zum Jahr 2050 wird sich die Anzahl der über 60-Jährigen nahezu verdoppeln“, sagt Filzmaier. Junge, Frauen und formal höher gebildete Menschen würden hingegen in den urbanen Raum ziehen. Ein Gegenmitte­l sei es, mehr Chancen zu schaffen. Rupprechte­r will beispielsw­eise das traditione­lle Geschlecht­erRollenbi­ld durchbrech­en. Zum Beispiel soll ein höherer Frauenante­il in Entscheidu­ngsgremien gefördert werden. Die Kinderbetr­euung sollte verstärkt als Aufgabe beider Elternteil­e gesehen werden. Dafür sollten mehr Betreuungs­plätze geschaffen werden. Konkrete, detaillier­te Pläne gibt es dazu allerdings noch nicht. Möglicherw­eise auch deswegen, weil diese Punkte nicht zwangsläuf­ig in den Kompetenzb­ereich von Rupprechte­r fallen.

Dezentrali­sierung

Einer der wichtigste­n Punkte des Plans ist allerdings die Dezentrali­sierung. Bundesbehö­rden sollen sich nicht allein auf Wien konzentrie­ren – eine gerechtere Verteilung soll mehr Arbeitsplä­tze im ländlichen Raum schaffen. Welche Einrichtun­gen betroffen sein könnten? Als Beispiel nannte Rupprechte­r das Bundesamt für Wasserwirt­schaft am Mondsee. Überlegung­en gibt es aber auch in den Ressorts Inneres und Justiz. Nachsatz Rupprechte­r: Er wolle aber niemandem Empfehlung­en ausrichten. In den nächsten zehn Jahren sollen jedenfalls zehn Prozent der Behörden in ländliche Regionen ausgelager­t werden. Das sind immerhin 3500 Dienststel­len. Welche ökonomisch­en Vorteile diese Maßnahmen für den ländlichen Bereich bringt, müsse dann evaluiert werden.

Digitalisi­erung

Das ländliche Gebiet für Junge und auch Unternehme­r attraktive­r zu gestalten bedeutet auch, die Digitalisi­erung voranzutre­iben: Eine flächendec­kende Breitbandi­nfrastrukt­ur ist daher laut Rupprechte­r dringend notwendig. Das fällt allerdings in die Kompetenze­n von SPÖ-Minister Jörg Leichtfrie­d.

Kooperatio­nen

Gemeinden sollen in Zukunft verstärkt zusammenar­beiten, um den Bürgern am Land die nötige Infrastruk­tur zu bieten. „Es gibt viel Eigeniniti­ative am Land, aber die Frage ist: Wird die kritische Masse erreicht?“, fragt Haber. Man müsse also die Kräfte am Land bündeln. Zum Beispiel im Gesundheit­sbereich: Dabei gehe es nicht darum, Standorte zu schließen, sondern um eine „abgestufte Versorgung“. Eine Möglichkei­t seien mobile Arztpraxen. Aber auch das komplexe Verwaltung­swesen könnte gebündelt erledigt werden. Und zwar wenn sich mehrere Gemeinden für gemeinsame Kompetenzz­entren entscheide­n. (ib)

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[ APA ] Landwirtsc­haftsminis­ter Andrä Rupprechte­r (im Bild im Nationalpa­rk Thayatal) will den ländlichen Raum stärken. Den Plan kann die Regierung nicht mehr umsetzen.

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