Sanktionen der USA für die OMV?
Energie. Die USA planen neue Sanktionen gegen Russland und bedrohen auch Europas Konzerne, die mit Moskau Geschäfte machen. Die EU reagiert ungewohnt scharf und ruft nach Vergeltung.
Die USA planen neue Sanktionen gegen Russland und drohen auch Konzernen, die mit Moskau Geschäfte machen.
Wien/Brüssel. Solche Töne hat man in Brüssel schon lang nicht mehr vernommen: Die EU bereitet einen Vergeltungsschlag gegen die Vereinigten Staaten vor. Sollten die USA wie geplant neue Sanktionen gegen Russland beschließen, müsse Brüssel „bereitstehen, binnen weniger Tage zu reagieren“, wird Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einem geleakten Memo zitiert. Diese Woche soll der umstrittene Gesetzesentwurf das amerikanische Repräsentantenhaus passieren. Ziel der US-Politiker ist es, Donald Trump in seiner Russland-Politik die Hände zu binden. Treffen könnten sie aber vor allem Europäer. Ganz vorn dabei ist auch Österreichs größtes Unternehmen, die OMV.
Denn in einer ersten Version des Gesetzes, der der Senat im Juni mit überwältigender Mehrheit zugestimmt hatte, waren auch Strafen gegen Unternehmen vorgesehen, die Russland dabei helfen, „Exportinfrastruktur in die EU zu bauen“. Viel besser hätte Washington das – auch in Europa umstrittene – Pipelineprojekt Nord Stream 2 nicht umschreiben können. Die geplante Ostseeleitung, ein Zwilling der bereits bestehenden Nord Stream 1, soll mehr russisches Gas nach Europa bringen.
Kein Visum, keine Kredite?
Offiziell ist Nord Stream 2 ein rein russisches Projekt. Die staatliche Gazprom hält alle Anteile. Doch mit an Bord ist auch ein Konsortium aus europäischen Firmen rund um Wintershall, Royal Dutch Shell, Engie und eben der OMV. Die Firmen haben zugestimmt, die Hälfte der 9,5 Milliarden Euro Projektkosten für die Russen zu stemmen. Unter einem strengeren USRegime gegenüber Moskau könnte sich dieser Freundschaftsdienst aber zu einem Problem auswachsen. Landet die OMV tatsächlich auf der Sanktionsliste, könnten ihre Manager im besten Fall nicht mehr so ohne Weiteres in die USA einreisen. Im schlechtesten Fall gäbe es keine Kredite mehr von US-Banken oder Restriktionen bei der Transaktion von Währungen.
Für ein börsenotiertes Unternehmen, das global agiert, wäre das natürlich ein schwerer Schlag. Ein Sprecher geißelte das geplante Vorgehen der USA gegenüber der „Presse“als „nicht nachvollziehbar“. Sanktionen hätten sich „nicht als zielführendes Instrument erwiesen“. Sofort würden mögliche Strafmaßnahmen aber in keinem Fall in Kraft treten. Dafür bedürfe es zusätzlich einer Executive Order aus dem Weißen Haus.
Harte Bandagen aus Brüssel
Die EU selbst ist beim Thema Nord Stream 2 gespalten. Polen gilt als stärkster Gegner, auch Dänemark und Schweden könnten sich querlegen. Länder wie Deutschland und Österreich machen sich hingegen für das Projekt stark. So waren es auch die Regierungsspitzen aus Berlin und Wien, die bereits vor Wochen vor den drohenden USSanktionen gegen Russland warn- ten. Der Rest Europas hielt damals still. Das hat sich inzwischen geändert. Es gibt eine breite Front des Widerstands gegen die geplante Einmischung der USA in die EUEnergiepolitik. Zumal der US-Senat sich gar nicht erst viel Mühe gegeben hat, die egoistisch-wirtschaftlichen Beweggründe hinter dem Entwurf zu verbergen. Ziel des neuen Gesetzes sei es auch, die Lieferungen von amerikanischem Flüssiggas (LNG) in die EU zu steigern, heißt es da. Eine weitere Pipeline, die vergleichsweise günstig russisches Erdgas in die EU bringen kann, stört da natürlich nur.
Junckers Ankündigungen machen klar, dass die EU-Kommission bereit ist, auch mit harten Bandagen gegen die Durchsetzung rein amerikanischer Interessen in Europa anzukämpfen. Theoretisch stehen Brüssel dafür einige Möglichkeiten zur Wahl. Die EU könnte eine schriftliche Erklärung von Wa- shington einfordern, dass keine Sanktionen gegen EU-Unternehmen erlassen werden, sie könnte eine WTO-Klage einreichen oder EU-Firmen verbieten, sich an die Sanktionen der USA zu halten.
Russland darf mehr Gas liefern
Unterdessen rückt die EU auch abseits des Konflikts näher an Russland heran. Erst kürzlich hat ein EU-Gericht Russland die Erlaubnis erteilt, 90 statt nur 50 Prozent der sogenannten Opal-Pipeline zu nutzen. Sie führt das Gas von der Nord Stream weiter nach Mitteleuropa und somit auch nach Österreich. Kritik, dass sich die EU damit in eine fatale Abhängigkeit von Moskau begebe, läuft zumindest zum Teil ins Leere. In den vergangenen Jahren sind in der EU eine Vielzahl an LNG-Terminals gebaut worden. Die Möglichkeiten, amerikanisches LNG zu importieren, sind also da. Jetzt müsste nur der Preis stimmen.