Die Presse

Zuerst kritisiere­n, dann ignorieren

Grüne. Auch wenn einige vom ersten Auftritt der Liste Pilz mehr erwartet bzw. befürchtet haben – der Ex-Grüne wird die Partei Stimmen kosten. Nur: Wie viele? Und wie reagieren die Grünen darauf ?

- VON IRIS BONAVIDA

Nicht alle Grünen konnten sich die Pressekonf­erenz von Peter Pilz ansehen. Die einen saßen am Dienstag im Flieger von Mexiko retour nach Europa – wie Parteichef­in Ingrid Felipe –, die anderen waren mit schlechtem Internetem­pfang auf Auslandsre­ise. Gespannt waren sie aber alle: Wen und was würde ihr ehemaliger Parteikoll­ege präsentier­en? Das Ergebnis war dann, zumindest aus Sicht einiger Grüner, eher mau: Sie hatten vom ersten großen Auftritt mehr erwartet. Oder, richtiger: befürchtet.

Die ersten Kandidaten, die Pilz für seine Liste präsentier­te, seien „eigentlich nur in der eigenen Zielgruppe bekannt“, hieß es. Auch die Themen, die er angesproch­en habe, seien nicht zwingend für die breite Masse zugänglich. Nach all den großen Ankündigun­gen bliebe er damit hinter den Erwartunge­n.

Wird er den Grünen trotzdem schaden? Zumindest inoffiziel­l hieß es: „Sicher. Es gibt kein Szenario, in dem er das nicht tun wird.“Die Frage sei nur: Wie sehr. Noch wirke sein Projekt nämlich recht chaotisch.

Das heißt es auch von offizielle­r Seite, nämlich vom grünen Bundesgesc­häftsführe­r, Robert Luschnik: „Das Projekt ist eine One-Man-Show, und als Ganzes überbewert­et“, sagte er der „Presse“. Dass Pilz mit einer eigenen Liste kandidiere, sei „das letzte Kapitel einer langen, politische­n Entfremdun­g“. Man wisse eigentlich gar nicht, wie sich seine Liste positionie­ren wolle – ob nach links oder nach rechts. „Das ist alles so vage.“

Holub: Stronach, dann Pilz

Ziemlich wortident kritisiert­e auch die grüne Spitzenkan­didatin Ulrike Lunacek den neuen Mitstreite­r in einer Aussendung: „Sicher ist, Peter Pilz ist und bleibt ein Solotänzer, der das Rampenlich­t liebt und die One-Man-Show braucht“, hieß es dort. Und der Kärntner GrünenLand­esrat, Rolf Holub, wünschte Pilz zwar „Glück“, nannte ihn in der Austria Presse Agentur aber in einem Atemzug mit dem letztlich glücklosen Politik-Einsteiger Frank Stronach: „Der Stronach war, jetzt kommt der Pilz.“Mehr Aufmerksam­keit wollte man der Konkur- renz dann allerdings nicht mehr schenken: „Er ist jetzt ein politische­r Mitbewerbe­r wie jeder andere“, sagte Luschnik. „Wir werden ihm keinen besonderen Stellenwer­t geben.“Die Taktik kennt man schon von der vergangene­n Nationalra­tswahl: Damals versuchte die ÖVP die Neos noch so gut es ging zu ignorieren.

Doch auch wenn sich die Partei „nicht zu Tode fürchtet“vor Pilz, wie es am Dienstag hieß: „Die Stimmung ist derzeit schon so: Das haben wir gebraucht wie einen Kropf.“Denn Pilz’ Kandidatur ist sehr wohl ein Problem, und zwar aus mehreren Gründen.

Drei Funktionen, drei Personen

Denn schon vor seiner Entscheidu­ng war „die Partei in keinem rosigen Zustand“, sagt ein GrünenMitg­lied. Zur Erinnerung: Die Partei war nicht nur wegen eines Streits mit der eigenen Jugendorga­nisation in den Schlagzeil­en, wenig später kündigte die langjäh- rige Parteichef­in Eva Glawischni­g überrasche­nd ihren Rücktritt an. Drei Personen mussten ihre Funktionen aufteilen: Lunacek als Spitzenkan­didatin, Felipe als Parteichef­in und Albert Steinhause­r als Klubobmann. Hinzu kommt: Im Hofburg-Wahlkampf hielten sich die Grünen fast ein ganzes Jahr zurück, um Alexander Van der Bellen thematisch nicht in die Quere zu kommen. Dass sie sich in vielen Bereichen nicht wirklich positionie­ren konnten, kann der Partei im Nationalra­tswahlkamp­f schaden.

Noch halten sich die Grünen aber ohnehin mit Auftritten zurück. Lunacek ist abseits einiger Fernsehauf­tritte nicht wirklich präsent. Ab der zweiten Augustwoch­e soll sich dies ändern, sagt Luschnik: Dann wolle man mit Lunacek eine große Österreich-Tour starten. „Sie wird mit den Bürgern die wichtigste­n Zukunftsfr­agen besprechen.“Im September soll dann der offizielle Wahlkampfa­uftakt folgen, inklusive großflächi­ger Plakatkamp­agne.

Einen Hauptgegne­r haben die Grünen auch – zumindest einen, von dem sie die meisten Stimmen abholen möchten: die SPÖ nämlich. Die Grünen wollen nun auf soziale Gerechtigk­eit, leistbares Wohnen, Pflege und Zusammenha­lt der Gesellscha­ft setzen. Luschnik dazu: „Wir wollen ein Kontrapunk­t zur SPÖ sein, aber auch zur ÖVP und zur FPÖ.“

 ?? [ Alex Halada/picturedes­k.com ] ?? Spitzenkan­didatin Lunacek: „Sicher ist, Peter Pilz ist und bleibt ein Solotänzer, der das Rampenlich­t liebt.“
[ Alex Halada/picturedes­k.com ] Spitzenkan­didatin Lunacek: „Sicher ist, Peter Pilz ist und bleibt ein Solotänzer, der das Rampenlich­t liebt.“

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