Brisantes Buch ärgert Mandelas Erben
Südafrika. Nach Beschwerden der Familie des verstorbenen Ex-Präsidenten Nelson Mandela hat der Verlag ein Buch mit Details über seine Krankengeschichte vom Markt genommen.
Kapstadt. In Südafrika ist ein Buch über die letzten Jahre im Leben des ehemaligen Präsidenten Nelson Mandela vom Markt genommen worden. Man respektiere damit den Wunsch der Familie, teilte der herausgebende Verlag „Penguin Random House South Africa“(PRHSA) mit. Mandelas langjähriger Arzt, Vejay Ramlakan, hatte in dem Werk „Mandela’s Last Years“ausführlich über medizinische Details und Familieninterna geschrieben.
Das Buch hatte neue Details zu den würdelosen Umständen von Mandelas Leidensgeschichte vor seinem Tod im Dezember 2013 offenbart. 95 Jahre alt war Mandela geworden, monatelang hatte er nicht mehr sprechen können, zuletzt war er auf ein Atemgerät und andere lebenserhaltende Maschinen angewiesen gewesen. So berichtete Ramlakan beispielsweise ausführlich von Symptomen nach einer Lungenentzündung und von Überwachungskameras, die in Mandelas Schlafzimmer und nach dem Tod sogar im Leichenschauhaus angebracht worden seien.
Sein jahrelanger Überlebenskampf sei „in gewisser Hinsicht beeindruckender als seine Zeit als gesunder Mensch gewesen“, sagte Ramlakan, das habe die Motivation für sein Buch begründet. Er habe Mandelas „unbesiegbare Tapferkeit“würdigen wollen und dafür auch das Einverständnis der Familie gehabt. Das stellte sich als Trugschluss heraus, Mandelas Witwe Graca Machel bezeichnete das Werk als „Angriff auf das Vertrauen und die Würde meines verstorbenen Ehemanns“und behielt sich juristische Schritte wegen Verstößen gegen die ärztliche Schweigepflicht vor.
Krankenwagen fing Feuer
Der ehemalige Armee-Arzt Ramlakan, der die südafrikanische Ikone fast ein Jahrzehnt lang behandelt hatte, verriet bis dato nicht, welches Familienmitglied ihm die Genehmigung für das Buch erteilt hatte. Offenbar entstand es aber gegen den Willen von Mandelas Enkel Mandla Mandela, dem amtierenden Familienoberhaupt. Dieser sprach von „einem Missbrauch des Mandela-Namens“und einem Versuch, „den Profit über die Würde triumphieren zu lassen“.
Die Fakten werden von der Familie aber nicht bestritten. Ramlakan bestätigte einige Details, die bereits vorher von südafrikanischen Medien veröffentlicht worden waren. So fing der Krankenwagen Feuer, als Mandela einige Monate vor seinem Tod im lebensbedrohlichen Zustand von seinem Johannesburger Haus zur Intensivstation eines Krankenhauses gefahren werden sollte. Eine halbe Stunde dauerte es, bis ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung stand.
Brisanter als die medizinischen Details sind allerdings die Informationen zu Mandelas Umfeld. Schon im Jahr 2010 habe es Konflikte mit Mandelas Privatsekretärin Zelda La Grange gegeben, die angeblich gegen seinen Rat Besuche politischer Prominenz durchsetzte. Dem ehemaligen Präsidenten sei es damals schon schlecht gegangen, schreibt Ramlakan. Zwei Jahre zuvor habe er auch zeitweise Anzeichen für eine Depression gesehen, die wohl auf die 27 Jahre lange Haft während der Apartheid zurückzuführen gewesen sei.
Ex-Frau Winnie hielt die Hand
Witwe Machel dürfte vor allem die Darstellung der letzten Momente im Leben Mandelas stören. Jahrelang hatte sie sich aufopfernd um ihn gekümmert. Im Buch wird aber beschrieben, dass es Mandelas ExFrau Winnie Madikizela-Mandela war, die während der letzten Atemzüge seine Hand hielt. Auch als im Juni 2016, sechs Monate vor sei- nem Tod, für einige Sekunden Mandelas Atmung aussetzte, sei Machel nicht im Raum gewesen.
Madikizela-Mandela hatte Mandela während der 1990er-Jahre mit einer Affäre öffentlich gedemütigt. Nach seinem Tod versuchte sie erfolglos, ein riesiges Grundstück in Mandelas Heimatdorf Qunu aus der Erbmasse einzuklagen – dort liegt der Friedensnobelpreisträger auch begraben. Im Jahr 1996 war ihre Ehe nach 38 Jahren geschieden worden, Mandela hatte sie daraufhin aus seinem Testament gestrichen.
Auch solche Passagen sind im Buch enthalten: Ramlakan erzählt ebenso, wie der immer lethargischer werdende Mandela seiner Frau Machel – mit der er seit 1998 verheiratet war – wenige Wochen vor seinem Tod einen Kuss gegeben hat.