Tauziehen um Grasser-Richterin
Buwog-Prozess. Im Korruptionsverfahren gegen Karl-Heinz Grasser und Co. spitzt sich der Streit um die Zuständigkeit der Richterin zu. Schon drei Gerichte sind eingeschaltet.
Wien. Es ist die Frage, die alle 15 Angeklagten des Buwog-Prozesses beschäftigt: Wer wird die Verhandlung leiten? An sich landete der politisch heikle Akt bei der aus dem PeterWestenthaler-Verfahren bekannten Richterin Marion Hohenecker. Doch einer der Buwog-Angeklagten, der Immobilienmakler Ernst Plech, hat, wie „Die Presse“berichtete, den Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingeschaltet. Der Grund: Hohenecker sei für Buwog gar nicht zuständig. Doch nun dreht sich das Rad weiter. Sowohl das Oberlandesgericht Wien als auch das Straflandesgericht Wien sind mit der Sache befasst.
Zudem wurde am Dienstag medial kolportiert, das Straflandesgericht Wien habe einen gegen die Richterin eingebrachten Befangenheitsantrag bereits abgelehnt. Das ist kurios: Denn es existiert gar kein Befangenheitsantrag. An diesem Gezerre um die Prozessleitung lässt sich ablesen: Auch am Ort des Geschehens, im Straflandesgericht Wien, macht sich jetzt schon eine gewisse Nervosität breit. Der Untreueprozess um den von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser in den Jahren 2003, 2004 orchestrierten Verkauf der Bundeswohnungen ( Buwog) könnte Ende November starten.
Entscheidend ist, dass dem VfGH ein von Plech-Anwalt Michael Rohregger ausgearbeiteter Antrag auf Aufhebung von Teilen der Strafprozessordnung (StPO) vorliegt.
Antrag an den VfGH. Laut diesem Antrag seien die Normen, die das Verbinden zweier Prozesse regeln, verfassungswidrig. Warum denn das? Um dies zu verstehen, muss man Folgendes wissen: Aufgrund eben dieser Regeln „erbte“Hohenecker den BuwogProzess. Und das kam so: Hohenecker führte voriges Jahr ein Untreue-Verfahren gegen Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics und andere Angeklagte. Petrikovics ließ seine Verhandlung wegen Krankheit platzen. Die anderen Angeklagten bekamen ihre Urteile. Eines davon hob der OGH aber auf. Das heißt: In diesem Fall muss ein neuer Richter neu verhandeln. Mittlerweile ist Petrikovics wieder gesund. Und blickt einer verspäteten Verhandlung bei Hohenecker entgegen.
Was das alles mit Buwog zu tun hat? Ganz einfach: Weil Hohenecker eben schon ein altes Petrikovics-Verfahren laufen hat und Petrikovics auch einer der Buwog-Angeklagten ist, bekommt sie den gesamten Buwog-Komplex noch obendrauf gepackt.
Das sei unfair, sagt nun Anwalt Rohregger. Teile des alten Prozesses müssen ja wiederholt werden. Wohlgemerkt durch einen neuen Richter. Also dürfe Hohenecker auch nicht für den wieder genesenen Angeklagten Petrikovics zuständig sein. Und wenn die StPO das hergebe, müsse der VfGH ein Machtwort sprechen.
Antrag an das Straflandesgericht. Auch brachte der Plech-Anwalt einen Antrag auf unentgeltliche Aktenkopien beim Straflandesgericht Wien ein. Der Antrag wurde abgewiesen. Von Hohenecker. Denn: Ein solches finanzielles Entgegenkommen sei unmöglich. Beschwerde an das Oberlandesgericht. Gegen diese Abweisung erhob Rohregger Beschwerde. Diese liegt bereits beim Oberlandesgericht Wien. Stoßrichtung: Der Hohenecker-Entscheid sei inhaltlich falsch. Vor allem aber: Er sei von einer unzuständigen Richterin getroffen worden.
Zielsetzung der Verteidigung: Das Oberlandesgericht Wien solle auf die grundsätzliche Entscheidung der Verfassungshüter warten. Falls der VfGH dem Antrag auf Bereinigung der Prozessordnung stattgibt, muss wiederum das OLG Richterin Hohenecker als befangen aus dem Rennen nehmen.
Entscheid des Präsidiums. An dieser Stelle grätschte nun der Präsident des Straflandesgerichts Wien, Friedrich Forsthuber, hinein: Er sah sich die Beschwerde an das OLG an und wurde aktiv. Er übersandte der Verteidigung kurzerhand einen selbst verfassten Beschluss, wonach bei der umkämpften Richterin seines Hauses „kein Ausschließungsgrund“vorliege.
Anwalt Rohregger bekam diesen Beschluss bereits zugestellt. Zur „Presse“sagte er verwundert: „Dabei habe ich gar keinen Befangenheitsantrag gestellt.“
Unter dem Strich: Richtig spannend wird es, wenn der VfGH entscheidet. Das könnte im Oktober sein.