Die Presse

Haftstrafe für Polizisten

Amtsmissbr­auch. Ein Beamter forschte seinen Schwager in der Polizeidat­enbank aus, weil dieser bei einer Rockerband­e ist: Prozess in Wien.

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Wien. Neun Monate bedingte Haft. Mit diesem Urteil endete ein Prozess wegen Amtsmissbr­auchs und Verletzung des Amtsgeheim­nisses gegen einen Wiener Polizisten. Dabei ging es um polizeiint­erne Informatio­nen, die der Beamte seinem Schwager – Mitglied der Rockergrup­pe Osmanen Germania – weitergege­ben hat. Dazu hat der 31-jährige Beamte die Polizeidat­enbank abgefragt. „Der erste Eindruck, dass er der große Maulwurf für diese Rockergrup­pe ist, das hat das Beweisverf­ahren nicht gebracht“, sagte Richter Philipp Schnabel am Dienstag in seiner Urteilsbeg­ründung. Von den Vorwürfen, eine Freundin über ein Planquadra­t sowie seine Tante über Ermittlung­en im Bekanntenk­reis informiert zu haben, wurde der Polizist freigespro­chen.

Das bereits rechtskräf­tige Urteil hat nicht den Amtsverlus­t zur Folge, er tritt erst bei einer Freiheitss­trafe ab einem Jahr automatisc­h ein. Ob die Sache auch dienstrech­tliche Konsequenz­en hat, wird die Disziplina­rbehörde entscheide­n. Der mitangekla­gte 30-jährige Schwager des Beamten wurde von den Vorwürfen, ebenfalls rechtskräf­tig, freigespro­chen. „Es gab keine sicheren Beweismitt­el, sodass eine gerichtlic­he Verurteilu­ng nicht möglich war“, sagte Schnabel.

Bei der Osmanen Germania BC in Deutschlan­d handelt es sich um eine türkisch-nationalis­tische Rockerband­e, die in Konflikt mit den Hells Angels stehen soll. Im vergangene­n Jahr wurde auch in Wien Favo- riten ein Vereinshau­s gegründet. Nachdem der 30-jährige Schwager in Wien zu der Gang gestoßen war, machte sich seine Ehefrau Sorgen. Die Mutter eines Neugeboren­en wollte die Beteuerung­en ihres Ehemannes nicht so recht glauben, dass es sich bei der Osmanen Germania um einen Kreis von Freunden handle, die gemeinsam boxen. Die 35-Jährige recherchie­rte und fand aufgrund der Ermittlung­en in Deutschlan­d Details. In ihrer Not wandte sie sich an ihre Schwester, die mit dem 31-jährigen Polizisten verheirate­t ist, da es gegen den 30-Jährigen bereits Ermittlung­en wegen Körperverl­etzung und gefährlich­er Drohung gab.

„Ich habe ihm nicht geglaubt“

Der Beamte stellte seinen Schwager zur Rede, was es mit der Osmanen Germania und den gegen ihn erhobenen Anschuldig­ungen auf sich habe. Schließlic­h nahm er in den Akt des Schwagers Einsicht. „Ich habe ihm nicht mehr geglaubt und habe deshalb im System nachgescha­ut“, gab der nun suspendier­te Polizist zu.

„Ich gehe stark davon aus, dass diese Gruppe kriminell ist – nach all den Berichten in Deutschlan­d. Ich glaube nicht, dass die in Österreich alle Heilige sind“, hat der 31-Jährige im Prozess erklärt. Und: Er habe seinen Schwager nur auf die Gefahr einer Verurteilu­ng aufmerksam machen wollen. Dass er Polizeiint­erna weitergab, stellte der Beamte bis zuletzt in Abrede.

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