Hauptbahnhof: Vom schönen neuen Bildschirmschein
Papier ade? Über Wagenstandsanzeiger und andere Störfälle öffentlicher Visualisierung.
D ie digitale Revolution hat uns ja nebst Bagatellen wie Wikipedia, Google und weltweiter Vernetzung auch allerlei tatsächlich fulminante Avancements beschert: Wie wunderbar, nur so beispielsweise, dass heutzutage (wenn schon niemand anderer) wenigstens mein Smartphone mit mir spricht! Wie erhebend, dass mein Kühlschrank, meine Waschmaschine, mein Geschirrspüler längst smarter sind als ich! Wie beruhigend, vom eigenen Automobil streng angewiesen zu werden, was im Verkehr zu tun und was zu lassen sei!
In dieselbe Kategorie elektronischer Unverzichtbarkeiten gehören auch die schönen, neuen Wagenstandsanzeiger der ÖBB. In immer mehr schönen, neuen Bahnhöfen sind sie mittlerweile vorbei, die peinlichen Papierzeiten, da ein schlichter Ausdruck kundtat, wo in welchem Zug welcher Waggon, wo die erste Klasse, wo die zweite, wo der Speisewagen zu stehen kommen würden! Strahlend blau leuchten sie uns entgegen, die Bildschirme, auf denen wir, etwa im schönen, neuen Wiener Hauptbahnhof, derselben Information wie ehedem, nun elektronisch aufgeputzt, teilhaftig werden. Falls sich diese Information nicht gerade, störfallweise, ins digitale Nirwana zurückgezogen hat. Macht nichts: Was wäre denn noch so informatives Papier gegen noch so leer gefegtes Bildschirmblau?
Auch in den schönen, neuen Gelenkbussen der Wiener Linien, etwa jenen der Linie 48A, hat Papier mittlerweile ausgedient. Abermals sind es Bildschirmanzeigen, die jene schnöden Streckenverlaufsausdrucke von ehedem verdrängen. Und dass auf den schicken Screens nur die nächste Handvoll Stationen gezeigt wird und nicht die ganze Strecke, von Umsteigemöglichkeiten ganz zu schweigen – sei’s drum. Informationsgesellschaft? Ach was, viel wichtiger ist doch der schöne, neue Bildschirmschein.