Jobs: Akademiker auf dem Abstellgleis
Arbeitsmarkt. In Österreich geht die Arbeitslosigkeit seit Monaten zurück. Doch unter Akademikern sieht die Entwicklung anders aus. Bei ihnen gibt es einen neuen Arbeitslosenrekord.
Wien. Bildung gilt als der zentrale Schlüssel, um auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können. Doch auch, wer studiert hat, kann auf dem Arbeitsmarkt Probleme bekommen. Wie eine Sonderauswertung des Arbeitsmarktservice (AMS) für die „Presse“zeigt, ist die Zahl der arbeitslosen Akademiker zuletzt auf einen Rekordstand gestiegen. Ende Juni 2017 waren 28.466 Akademiker arbeitslos oder in Schulung beim AMS gemeldet. Zum Vergleich: Ende Juni 2013 zählte das AMS 17.409 arbeitslose Akademiker. Während österreichweit die Arbeitslosigkeit seit Monaten zurückgeht, verzeichnet das AMS bei den Akademikern eine andere Entwicklung. Trotzdem darf die Lage nicht dramatisiert werden. Unter den 374.973 arbeitslosen Personen und Schulungsteilnehmern, die Ende Juni beim AMS gemeldet waren, ist der Akademikeranteil immer noch niedrig.
Interessant ist ein Vergleich der Studienrichtungen. Nach absoluten Zahlen haben die meisten Akademiker, die Ende Juni arbeitslos oder in Schulung beim AMS gemeldet waren, ein Studium der Betriebswirtschaft abgeschlossen. In Summe handelte es sich dabei um 2032 Menschen.
Danach kamen 1416 Personen, die Jus studiert haben. Auf Platz drei lagen die Psychologen (694 Menschen), gefolgt von 667 Menschen mit einem Lehramtsstudium. Auf Rang fünf unter den arbeitslosen Akademikern lagen die Absolventen von Publizistik und Kommunikationswissenschaften (583 Menschen), gefolgt von 579 Personen, die ein Medizinstudium vorweisen können.
Auch bei diesem Ranking sind die Relationen zu beachten: Mit fast 4500 Studienanfängern in einem Semester waren die Rechtswissenschaften zuletzt die beliebteste Studienrichtung an Österreichs Universitäten. Allerdings schließt nur ein Drittel der Jusstudenten das Studium ab. Auf Platz zwei lagen die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit 4138 Studienanfängern. Es überrascht daher nicht, dass die Absolventen der sogenannten Massenstudien wie Jus, Publizistik und Psychologie auch in der AMS-Statistik relativ weit oben liegen. Wegen der restriktiven Aufnahmepolitik in der öffentlichen Verwaltung sowie der hohen Anwaltsdichte in Städten müssen beispielsweise Juristen auf andere Arbeitsmarktbereiche umschwenken.
Gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben Absolventen von sogenannten Mint-Fächern, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.
Gibt es zu viele Akademiker?
In Deutschland klagt die Industrie seit Jahren, dass es zu viele Akademiker, aber zu wenige Facharbeiter gibt. Der Trend zur „Akademisierung um jeden Preis“müsse gestoppt werden, fordert der deutsche Industrie- und Handelskammertag. „So viele Gutausgebildete brauchen wir gar nicht“, schrieb jüngst die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“angesichts der steigenden Zahl der Studienabsolventen. Auch in Österreich ist die Akademikerquote in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Laut Statistik Austria lag der Anteil der Hochschulabsolventen unter den 25- bis 64-Jährigen im Jahr 2001 bei 7,5 Prozent, 2011 waren es 11,9 Prozent, und 2015 kletterte die Quote auf 14,1 Prozent.
Trotzdem schneiden Akademiker im Vergleich zu Menschen mit anderen Bildungsabschlüssen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt immer noch besser ab.
So lag in den vergangenen 25 Jahren die Arbeitslosenquote von Akademikern meist relativ stabil zwischen zwei und drei Prozent, zuletzt ist die Quote auf 3,4 Prozent gestiegen. Im Vergleich dazu hat sich die Arbeitslosenquote von Personen mit höchstens Pflichtschulausbildung in den vergangenen 25 Jahren verdreifacht und beträgt derzeit 22,4 Prozent. „Jeder über die Pflichtschule hinausgehende Bildungsabschluss trägt wesentlich dazu bei, die Beschäftigungschancen zu erhöhen. Die geringste Arbeitslosenquote haben immer noch Personen mit akademischer Ausbildung“, heißt es beim Arbeitsmarktservice.