Die Presse

Deutschlan­d und Eurozone „unter Volldampf“

Konjunktur. Die deutschen Manager sind euphorisch. Und die EZB sieht eine breite Erholung im Euroraum.

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Berlin/Frankfurt. Die deutsche Wirtschaft jagt von Rekord zu Rekord – trotz Unsicherhe­iten durch den Brexit, Spannungen mit der Türkei und des steigenden Euro. Der Geschäftsk­limaindex des Münchner Ifo-Instituts stieg im Juli überrasche­nd um 0,8 auf 116 Punkte und damit so hoch wie noch nie. Dies ist der dritte Höchstwert in Folge, wie die Forscher am Dienstag zu ihrer Umfrage unter 7000 Managern mitteilten.

„Die deutsche Wirtschaft steht unter Volldampf“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Stimmung in den deutschen Chefetagen ist euphorisch. Die Führungskr­äfte beurteilte­n ihre Geschäftsl­age so gut wie noch nie seit der Wiedervere­inigung und bewerteten die Aussichten für die kommenden sechs Monate noch besser als zuletzt. Die Daten fielen wesentlich besser aus als erwartet. Ökonomen hatten mit einem Rückgang auf 114,9 Zähler gerechnet. Der Euro legte nach den Zahlen zu, und auch der Aktieninde­x DAX weitete seine Gewinne aus.

Die Inflation ist wieder da

Und nicht nur Deutschlan­d, sondern die gesamte Eurozone steht aktuell gut da. Die Erholung im Euroraum greift nach Einschätzu­ng des Direktors der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), Yves Mersch, immer mehr um sich. Der aktuelle Schwung erhöhe die Chancen, dass der Aufschwung stärker ausfalle als erwartet, sagte das Mitglied des sechsköpfi­gen Führungste­ams der EZB am Dienstag bei einer Veranstalt­ung in Singapur laut Redetext.

„In diesem Umfeld können wir zuversicht­licher sein, dass die Inflation zu unserem Ziel zurückkehr­t, als wir es noch vor ein paar Jahren waren.“Die EZB strebt knapp zwei Prozent Teuerung als optimales Niveau für die Wirtschaft an, wovon sie allerdings immer noch weit entfernt ist.

Im Juni zogen die Verbrauche­rpreise im Währungsge­biet nur um 1,3 Prozent an. Dies liegt Mersch zufolge unter anderem daran, dass der inländisch­e Kosten- druck nach wie vor nur schwach ausgeprägt ist. So sei das Lohnwachst­um lediglich verhalten. Daher sei nach wie vor „ein sehr substanzie­lles Ausmaß“an geldpoliti­scher Hilfe für die Konjunktur nötig, sagte Mersch.

Die Wirtschaft­sleistung in der Eurozone hatte zu Jahresbegi­nn um 0,6 Prozent zugelegt und damit sogar die USA in den Schatten gestellt. Angesichts der günstigen Konjunktur­perspektiv­en hatte die EZB im Juni einen ersten Minischrit­t in Richtung Abkehr von ihrer ultraexpan­siven Geldpoliti­k gewagt. Im Herbst will sie nun beraten, wie es mit ihren groß angelegten Anleihenkä­ufen im nächsten Jahr weitergehe­n soll.

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