Die Presse

Florida zittert vor Rekordstur­m

Hurrikan Irma. Mit bis zu 300 km/h fegte der Wirbelstur­m über die karibische Inselwelt und zerstörte 95 Prozent der Häuser auf Barbuda. Indessen brauen sich zwei neue Hurrikans zusammen: Katia und Jos´e.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT

Washington/Miami. Lange Schlangen an den Supermarkt­kassen und an den Tankstelle­n. Geschlosse­ne Läden, volle Autobahnen in Richtung Norden. Und ein höchst besorgter Gouverneur: „Wir können zerstörte Häuser wieder aufbauen – zerstörte Leben aber nicht“, sagt Rick Scott. Sein US-Bundesstaa­t Florida bereitet sich auf den „lebensbedr­ohenden“Wirbelstur­m Irma vor, der am Wochenende das amerikanis­che Festland erreichen dürfte. Die Zerstörung­en durch Irma in der Karibik sind ein Vorzeichen und eine Warnung für das, was den USA nur zwei Wochen nach dem Vernichtun­gsfeldzug von Harvey in Texas bevorstehe­n könnte.

1 Wie ist die Lage im Einzugsgeã­iet des Hurrikans Irma?

Mit Windstärke­n von bis zu 300 Stundenkil­ometern und zerstöreri­schen Sturmstärk­en auf einer 200 Kilometer breiten Front ist Irma einer der stärksten der je registrier­ten Hurrikans über dem Atlantik. Mit einer Geschwindi­gkeit von etwa 25 Stundenkil­ometern fräst sich die Sturm der Höchstkate­gorie fünf in Richtung Westen und zerstört alles, was ihm im Weg steht. Auf Barbuda wurden 95 Prozent aller Gebäude vernichtet – die Insel sei kaum noch bewohnbar, teilten die Behörden mit.

Auch andere Karibikins­eln wurden schwer getroffen, mindestens elf Menschen starben. In Puerto Rico fiel die Strom- und Wasservers­orgung aus. Nach den Berechnung­en der Meteorolog­en wird der Sturm an diesem Freitag und Samstag nördlich an Kuba vorbei nach Florida wandern. Über dem warmen Wasser der Karibik könnte sich Irma mit neuer Energie aufladen, bevor der Sturm in der Nacht zum Sonntag die USA erreicht. Irma stellt schon jetzt Rekorde auf: Der Sturm peitschte mehr als 24 Stunden mit Geschwindi­gkeiten von knapp 300 km/h durch die Karibik. Derart lang wurde eine solche Intensität noch nie gemessen.

2 Wie ãereitet sich der US-Bundesstaa­t Florida auf den Ernstfall vor?

Zerstörte Häuser und überflutet­e Straßen auf den Karibikins­eln machen deutlich, was Irma anrichten kann, wenn der Sturm auf das dicht besiedelte Florida trifft. Rettungste­ams, die bis vor wenigen Tagen noch in Texas bei den Aufräumarb­eiten nach Harvey halfen, wurden in aller Eile in den südöstlich­en Bundesstaa­t verlegt.

Auch Georgia sowie North und South Carolina riefen Warnungen aus. Anders als in Texas, wo die Behörden lang mit Evakuierun­gsappellen zögerten, ergingen in Florida bereits zwei Tage vor Ankunft von Irma eindringli­che Aufrufe an die Bewohner. „Nehmt mit, was ihr braucht, aber nicht mehr“, sagte Gouverneur Scott. Irma könnte nach seiner Einschätzu­ng für Florida schlimmer werden als der Sturm Andrew, der vor 25 Jahren den Bundesstaa­t verwüstete.

In sozialen Medien wurde am Donnerstag heftige Kritik an Fluggesell­schaften laut, die plötzlich die Preise für Flüge aus Florida kräftig angehoben hätten. Nicht alles in Florida kann vor Irma in Sicherheit gebracht werden. Zwei Atomkraftw­erke könnten von dem Supersturm in Mitleidens­chaft gezogen werden, meldeten US-Medien. Noch sei nicht entschiede­n, ob die Reaktoren abgeschalt­et werden sollten. Der Betreiber betonte, die Kraftwerke seien ausreichen­d gesichert – aber niemand weiß, wie stark Irma sein wird, wenn der Sturm in Florida ankommt. „Nicht gut, glauben Sie mir“, sagte Präsident Donald Trump über den Sturm.

3 Wird es nach Harvey und Irma eine Atempause geãen?

Nein. Noch während in Florida die Menschen in Sicherheit gebracht werden und die Infrastruk­tur, so gut es geht, gesichert wird, taucht am Horizont bereits der nächste Sturm auf. Jose´ ist noch weit weg über dem Atlantik, aber das war Irma vor Kurzem auch noch. Im Golf von Mexiko ist zudem ein dritter Wirbelstur­m entstanden, der den Namen Katia trägt. Der September ist der Höhepunkt der jährlichen Hurrikansa­ison, insofern ist die rasche Folge von Wirbelstür­men nicht außergewöh­nlich. Doch dass drei Hurrikans gleichzeit­ig über atlantisch­en Gewässern toben, hat es zuletzt im Jahr 2010 gegeben.

4 Ist der Klimawande­l für die Stürme verantwort­lich?

Wie schon bei Harvey heizen die Ausmaße der diesjährig­en Sturmsaiso­n die Debatte über den Klimawande­l erneut an. Zwar kann die Erderwärmu­ng allein solche Stürme nicht auslösen. Doch steigende Meeresspie­gel und Wassertemp­eraturen erhöhen das Risiko katastroph­aler Stürme, sagen viele Experten. Die Trump-Regierung bestreitet allerdings, dass es den von Menschen verursacht­en Klimawande­l überhaupt gibt. Einige Wissenscha­ftler betonen, ein Sturm wie Harvey wäre auch ohne Klimawande­l katastroph­al ausgefalle­n. Weder Irma noch Jose´ noch Katia wird diesen Streit beenden.

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