Wettbewerb um die Toplagen
Coworking Spaces. Bisher war das Feld eher kleineren Anbietern überlassen. Nun positionieren sich zunehmend auch große, internationale Betreiber flexibler Bürolösungen.
Wir sind in Verhandlung mit den Eigentümern eines Gebäudes in Wien mit circa 5000 Quadratmetern“, erklärt Martin Giesswein, Leiter des jüngsten österreichischen Projekts des italienischen Coworking-Anbieters Talent Garden. Nachdem die ursprünglich ins Auge gefasste Immobilie im neunten Bezirk teuer hätte umgebaut werden müssen, soll ein anderer Standort Anfang 2018 eröffnen. Neben einer offenen Innenarchitektur und einer guten Anbindung an den öffentlichen Verkehr nennt Giesswein als größte Herausforderung bei der Suche die Größe. „Talent Garden sucht bewusst nach circa 5000 Quadratmetern, weil dann eine kritische Anzahl von Members möglich ist und auch Services wie die Innovation Academy und Eventräumlichkeiten in einem Gebäude anbietbar sind.“
Ab 3000 Quadratmetern
„Die großen Betreiber brauchen Flächen ab 3000 Quadratmetern, um einen Gewinn zu erwirtschaften“, erklärt Patrick Schild, Head of Office And Industrial & Logistics bei CBRE Österreich. Flächen gebe es genug, sagt Schild, sowohl im ersten als auch in den angrenzenden innerstädtischen Bezirken rund um die typischen Bürocluster wie Wien Mitte oder Viertel Zwei. Auch Thomas Schanda, der bei EHL Immobilien den Bereich Market Research leitet, ist überzeugt, dass große Coworking-Betreiber in Wien fündig werden. Dabei verweist er etwa auf das Messecarree Wien, den Austria Campus oder das Quartier Belvedere Central.
Anderer Meinung ist Alexander Fenzl, Leiter des gewerblichen Maklerteams bei Otto Immobilien: Große Flächen in halbwegs urbanen Lagen zu erschwinglichen Preisen seien in Wien rar, meint er. Typische Bürotürme würden meist ausscheiden, weil die Brandschutzregeln keine zusammenhängenden Flächen in entsprechender Größe zulassen. Dennoch sondieren laut Fenzl gerade mehrere größere Betreiber den Markt. Dabei gehe es darum, „der First Mover zu sein, um das Potenzial zu testen. In Wien gibt es Coworking im großen Stil wie zum Beispiel in London oder New York nämlich noch nicht.“
Andererseits findet man in den Businesscentern großer Anbieter wie Regus oder Your Office neben getrennten Büroeinheiten auch Coworking-Flächen. Im neuen Innovationszentrum WeXelerate im Designtower am Wiener Donaukanal wird es ebenfalls einen solchen Bereich mit rund 26 Arbeitsplätzen geben.
„Diese Zentren funktionieren alle gut und erwirtschaften einen Profit“, sagt Schild und betont, dass der Markt noch nicht erschöpft ist: „Das sind die Büros der Zukunft.“Interessante Lagen befinden sich „überall dort, wo Bürocluster sind“, etwa am Hauptbahnhof oder im Euro Plaza am Wienerberg. Regus plant für Anfang nächsten Jahres mindestens ein weiteres Center in Wien. Auch Your Office will in den nächsten zwei Jahren neben seinen bisher fünf Standorten zwei weitere Immobilien in Wien für Shared Offices und Coworking öffnen: eine in der Innenstadt, eine im dritten, vierten oder sechsten bis neunten Bezirk. „Die Suche nach der richtigen Immobilie in der Innenstadt gestaltet sich äußerst schwierig“, erzählt Your-Office-Geschäftsführer Michael Graf. Die Altbauten hätten dafür meist weder die nötige Flexibilität noch den entsprechenden Zustand.
In Zentrumsnähe
In diesen Lagen sind in den vergangenen Jahren zahlreiche kleinere Coworking Spaces mit ein paar Hundert Quadratmetern aus dem Boden geschossen. Konkrete Zahlen kann weder die Wirtschaftskammer noch der Verband der Immobilienwirtschaft vorlegen. Vor allem Start-up-Hubs zielen auf urbane, zentrumsnahe Lagen mit U-Bahn- und Radweganbindung ab. „Die Frage ist hier, wie man die richtige Größe findet“, sagt Schanda. Diese umfasst laut Stefan Leitner-Sidl „mindestens 500 Quadratmeter“. Nur dann sei der Betrieb rentabel, wenn auch „keine Goldgrube“. Leitner-Sidl war 2002 mit seinem Partner Michael Pöll der Erste, der hierzulande mit der Schraubenfabrik einen Coworking Space gegründet hat. Mit mittlerweile zwei Standorten mit je rund 1000 Quadratmetern machen sie rund 400.000 Euro Umsatz im Jahr.
Viele Coworking Spaces finanzieren sich auch über die Vermietung von Event- und Konferenzräumen – solche sind daher ein Muss bei der Immobilienwahl. Der auf Start-ups fokussierte Sektor 5 in Margareten erzielt etwa 30 Prozent seiner Einnahmen über die externe Vermietung seiner Konferenz- und Meetingräume. Auch das Cocoquadrat in der Wiedner Hauptstraße, Coffeeshop und Coworking Space in einem, setzt auf das Zusatzgeschäft mit Seminaren und Workshops. „Diese Säulen brauchen wir“, sagt Dominik Greiner, der am Cocoquadrat beteiligt ist. 2018 soll eine zweite Filiale in Wien eröffnen. „Wir suchen alte Bankfilialen, weil diese von der Größe gut gelegen sind und einen Straßenzugang haben“, so Greiner. Als Standort kommen entweder der zweite, der achte oder der neunte Bezirk infrage.