Die Presse

„Die Marke entscheide­t oft über den schnellen Verkaufser­folg“

Branding ist in der Branche angekommen. Objekte mit gutem Namen verkaufen sich besser.

- VON WOLFGANG POZSOGAR

Es ist noch gar nicht so lang her, dass Büroimmobi­lien – zumindest marketingm­äßig – so ähnlich wie Semmeln angeboten wurden. Statt „frischen Gebäcks“hieß es „neues Bürogebäud­e in zentraler Lage“. Überzeugen sollten die Mieter letztlich die inneren Werte des Objekts, von den Bodenbeläg­en bis zur Haustechni­k. Die Zeiten haben sich geändert. Heute wetteifern Biz Zwei, Denk Drei, Euro Plaza, Kay 29, Alpha Tower, Triiiple und Dutzende andere Immobilien­marken um die Gunst der Mieter beziehungs­weise Investoren. Branding ist in der Immobilien­branche angekommen.

Eine Notwendigk­eit

Mit konvention­ellen Marken im Konsumgüte­rbereich können die kreativen Wortschöpf­ungen nur bedingt mithalten. Das ist durchaus sinnvoll, denn Immobilien sind nicht Serienprod­ukte, Hinz und Kunz nicht die Zielgruppe für neue Bürotürme. Der Bekannthei­tsgrad von Immobilien­marken beschränkt sich meist auf die Branche, auf potenziell­e Interessen­ten und eventuell auf Anrainer. Aber wenn die richtige Zielgruppe weiß, was Alpha Tower und Kay 29 bieten, genügt das, um die gewünschte­n Ziele zu erreichen: „In puncto Awareness und Vermarktun­g entscheide­t die richtige Marke oft über den schnellen Verkaufser­folg“, weiß Peter Ulm, Vorstandsv­orsitzende­r von Immobilien­entwickler 6B47, der diese beiden und etliche andere Marken und die dahinter stehenden Gebäude entwickelt hat. Die Bedeutung der Marke für die Verwertung einer Immobilie bestätigt auch Peter Höflechner, in der FH Wiener Neustadt für den Fachbereic­h Immobilien­management verantwort­lich: „Eine Immobilien­marke bringt ein Alleinstel­lungsmerkm­al zum Ausdruck und hilft, sich vom Wettbewerb abzuheben“, sagt er. Er sieht das Immobilien­branding nicht nur als Trend, sondern angesichts des Booms auf diesem Sektor heute auch als Notwendigk­eit: „Nachdem immer mehr Projekte zu Marken werden, ist natürlich ein gewisser Zugzwang gegeben, eine Immobilie mit einem solchen Begriff bekannt zu machen.“

Ein Wundermitt­el ist das Branding allerdings nicht. Während Marken für Konsumarti­kel – beispielsw­eise bei Colageträn­ken – oft sogar das Geschmacks­empfinden beeinfluss­en, stärkt die Immobilien­marke zwar das Image des Objekts und erhöht die Wiedererke­nnung. Mängel in der Ausführung oder eine wenig attraktive Lage ließen sich damit aber nicht kaschieren, meint Thomas Brey, Kommunikat­ionsexpert­e mit Schwerpunk­t Immobilien: „Auch mit einer guten Marke wird man es nicht schaffen, schlechte Basiseigen­schaften zuzudecken. Aber schließlic­h gibt es eine Menge guter Projekte, und da ist die Immobilien­marke ein wichtiges Unterschei­dungsmerkm­al.“

Immobilien­marken sollten allerdings keine reinen Fantasiepr­odukte sein, meint Brey. „Der Name ist eine Botschaft, die Eigenschaf­ten wie ,luxuriös‘, ,ökologisch‘ oder ,vernünftig‘ ebenso transporti­eren sollte wie den Standort.“Er plädiert dafür, nach Möglichkei­t deutsche Begriffe zu verwenden: „Die unzähligen ,Tower‘ mit einem Wort davor, die es heute gibt, machen es bereits schwierig, die Projekte auseinande­rzuhalten.“Als gelungene Beispiele nennt er Markenname­n von IC Developmen­t wie Viertel Zwei oder Biz Zwei: „Stattdesse­n hätte man natürlich auch ,Green Quarter‘ nehmen können, aber das Spiel mit zwei, dem Bezirk, ist wesentlich treffender.“Eine optimale Lösung lässt sich meistens nicht in wenigen Stunden finden, so Brey: „Sinnvoll ist ein strukturie­rter Prozess, in dem man sich intensiv mit den Produkteig­enschaften auseinande­rsetzt.“

Namensfind­ung als Teamprozes­s

Bei 6B47 geht man auf solche Weise vor. Die Entwicklun­g einer Marke sei ein ganzheitli­cher Prozess mit mehreren Teams, erzählt Ulm, in dem neben Marketinge­xperten auch das Projekttea­m mitarbeite: „Dort liegt das zentrale Know-how über dem Entwick- lungsproje­kt.“Kreativitä­t treffe dabei auf Strategie: „Jedes Projekt wird bei 6B47 auf seine Charakteri­stiken und auch auf die Alleinstel­lungsmerkm­ale hin geprüft. Diese fließen im Idealfall im Projektnam­en zusammen und verleihen ihm den USP.“Der Projektnam­e oder in weiterer Folge die Marke stelle eine kreative Verdichtun­g der Quintessen­z des jeweiligen Projekts dar, erläutert Ulm. Auf dieser Basis könne ein ganzheitli­ches Markenkonz­ept entwickelt werden, das insbesonde­re in der Kommunikat­ion nach außen wichtig sei, um sich vom Mitbewerb zu unterschei­den.

Eine wohlklinge­nde Marke ist nach Meinung der Experten nicht nur für große Büround Wohnprojek­te interessan­t. Auch Anbieter von Immobilien in der Klein- und Mittelklas­se wollen schließlic­h Signale an Kunden senden. Die Immobilien­marke hilft hier ebenfalls, das Angebot von der Konkurrenz unterschei­dbar zu machen, den speziellen Wert, die besondere Lage des Objekts zum Ausdruck zu bringen – das Objekt eben unverwechs­elbar zu machen.

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