„Die Marke entscheidet oft über den schnellen Verkaufserfolg“
Branding ist in der Branche angekommen. Objekte mit gutem Namen verkaufen sich besser.
Es ist noch gar nicht so lang her, dass Büroimmobilien – zumindest marketingmäßig – so ähnlich wie Semmeln angeboten wurden. Statt „frischen Gebäcks“hieß es „neues Bürogebäude in zentraler Lage“. Überzeugen sollten die Mieter letztlich die inneren Werte des Objekts, von den Bodenbelägen bis zur Haustechnik. Die Zeiten haben sich geändert. Heute wetteifern Biz Zwei, Denk Drei, Euro Plaza, Kay 29, Alpha Tower, Triiiple und Dutzende andere Immobilienmarken um die Gunst der Mieter beziehungsweise Investoren. Branding ist in der Immobilienbranche angekommen.
Eine Notwendigkeit
Mit konventionellen Marken im Konsumgüterbereich können die kreativen Wortschöpfungen nur bedingt mithalten. Das ist durchaus sinnvoll, denn Immobilien sind nicht Serienprodukte, Hinz und Kunz nicht die Zielgruppe für neue Bürotürme. Der Bekanntheitsgrad von Immobilienmarken beschränkt sich meist auf die Branche, auf potenzielle Interessenten und eventuell auf Anrainer. Aber wenn die richtige Zielgruppe weiß, was Alpha Tower und Kay 29 bieten, genügt das, um die gewünschten Ziele zu erreichen: „In puncto Awareness und Vermarktung entscheidet die richtige Marke oft über den schnellen Verkaufserfolg“, weiß Peter Ulm, Vorstandsvorsitzender von Immobilienentwickler 6B47, der diese beiden und etliche andere Marken und die dahinter stehenden Gebäude entwickelt hat. Die Bedeutung der Marke für die Verwertung einer Immobilie bestätigt auch Peter Höflechner, in der FH Wiener Neustadt für den Fachbereich Immobilienmanagement verantwortlich: „Eine Immobilienmarke bringt ein Alleinstellungsmerkmal zum Ausdruck und hilft, sich vom Wettbewerb abzuheben“, sagt er. Er sieht das Immobilienbranding nicht nur als Trend, sondern angesichts des Booms auf diesem Sektor heute auch als Notwendigkeit: „Nachdem immer mehr Projekte zu Marken werden, ist natürlich ein gewisser Zugzwang gegeben, eine Immobilie mit einem solchen Begriff bekannt zu machen.“
Ein Wundermittel ist das Branding allerdings nicht. Während Marken für Konsumartikel – beispielsweise bei Colagetränken – oft sogar das Geschmacksempfinden beeinflussen, stärkt die Immobilienmarke zwar das Image des Objekts und erhöht die Wiedererkennung. Mängel in der Ausführung oder eine wenig attraktive Lage ließen sich damit aber nicht kaschieren, meint Thomas Brey, Kommunikationsexperte mit Schwerpunkt Immobilien: „Auch mit einer guten Marke wird man es nicht schaffen, schlechte Basiseigenschaften zuzudecken. Aber schließlich gibt es eine Menge guter Projekte, und da ist die Immobilienmarke ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal.“
Immobilienmarken sollten allerdings keine reinen Fantasieprodukte sein, meint Brey. „Der Name ist eine Botschaft, die Eigenschaften wie ,luxuriös‘, ,ökologisch‘ oder ,vernünftig‘ ebenso transportieren sollte wie den Standort.“Er plädiert dafür, nach Möglichkeit deutsche Begriffe zu verwenden: „Die unzähligen ,Tower‘ mit einem Wort davor, die es heute gibt, machen es bereits schwierig, die Projekte auseinanderzuhalten.“Als gelungene Beispiele nennt er Markennamen von IC Development wie Viertel Zwei oder Biz Zwei: „Stattdessen hätte man natürlich auch ,Green Quarter‘ nehmen können, aber das Spiel mit zwei, dem Bezirk, ist wesentlich treffender.“Eine optimale Lösung lässt sich meistens nicht in wenigen Stunden finden, so Brey: „Sinnvoll ist ein strukturierter Prozess, in dem man sich intensiv mit den Produkteigenschaften auseinandersetzt.“
Namensfindung als Teamprozess
Bei 6B47 geht man auf solche Weise vor. Die Entwicklung einer Marke sei ein ganzheitlicher Prozess mit mehreren Teams, erzählt Ulm, in dem neben Marketingexperten auch das Projektteam mitarbeite: „Dort liegt das zentrale Know-how über dem Entwick- lungsprojekt.“Kreativität treffe dabei auf Strategie: „Jedes Projekt wird bei 6B47 auf seine Charakteristiken und auch auf die Alleinstellungsmerkmale hin geprüft. Diese fließen im Idealfall im Projektnamen zusammen und verleihen ihm den USP.“Der Projektname oder in weiterer Folge die Marke stelle eine kreative Verdichtung der Quintessenz des jeweiligen Projekts dar, erläutert Ulm. Auf dieser Basis könne ein ganzheitliches Markenkonzept entwickelt werden, das insbesondere in der Kommunikation nach außen wichtig sei, um sich vom Mitbewerb zu unterscheiden.
Eine wohlklingende Marke ist nach Meinung der Experten nicht nur für große Büround Wohnprojekte interessant. Auch Anbieter von Immobilien in der Klein- und Mittelklasse wollen schließlich Signale an Kunden senden. Die Immobilienmarke hilft hier ebenfalls, das Angebot von der Konkurrenz unterscheidbar zu machen, den speziellen Wert, die besondere Lage des Objekts zum Ausdruck zu bringen – das Objekt eben unverwechselbar zu machen.