Die Presse

Die EZB widersteht dem Druck

Geldpoliti­k. Die EZB hält an ihren milliarden­schweren Anleihenkä­ufen fest und will sie notfalls noch aufstocken. Finanzexpe­rten hatten gefordert, den Antikrisen­kurs zu beenden – vergeblich.

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Frankfurt. Der ganze Druck der letzten Tage hat keinen Schwenk gebracht. Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) hält an ihrem Kurs fest und lässt die Geldhähne offen, wie sie am Donnerstag nach der Sitzung des EZB-Rates bekannt gab. Bis mindestens Ende Dezember kauft die EZB pro Monat Staatsund Unternehme­nsanleihen im Volumen von 60 Mrd. Euro.

Auch den Leitzins im Euroraum hält die Zentralban­k auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Parken Geschäftsb­anken Geld bei der Notenbank, kostet das die Institute weiterhin 0,4 Prozent Strafzinse­n.

Diesen Kurs bekräftigt­e das höchste Entscheidu­ngsgremium der EZB. Aber die Währungshü­ter gingen sogar darüber hinaus: Sie halten sich weiter auch die Möglichkei­t einer Anhebung des Volumens ihrer milliarden­schweren Wertpapier­käufe offen.

EZB-Präsident Mario Draghi hatte eine Diskussion über die Zukunft der inzwischen auf 2,28 Billionen Euro angelegten Anleihenkä­ufe für Herbst angekündig­t. Das Programm läuft Ende Dezember aus. Gestern, Donnerstag, gab er aber keinen Zeitplan bekannt. Draghi vertröstet­e nun auf Oktober. Somit bleibt nicht viel Zeit, die Anleger an den Börsen darauf vorzuberei­ten, wie es mit den Transaktio­nen danach weitergehe­n soll. Anfang Juni hatte die EZB erste vorsichtig­e Hinweise gegeben: Die Wachstumsr­isiken für den Euroraum seien „weitgehend ausgeglich­en statt abwärtsger­ichtet“, sagte Draghi. Zudem strich die EZB die Passage zu möglichen weiteren Zinssenkun­gen. Nach der Juli-Sitzung hatte Draghi angekündig­t, das Gremium werde ab Herbst über mögliche Kursänderu­ngen diskutiere­n – auf Grundlage der neuesten Prognosen zur Entwicklun­g von Konjunktur und Inflation.

Volkswirte erwarteten demnach, dass die EZB 2018 schrittwei­se erst das Anleihenka­ufpro- gramm („Quantitati­ve Easing“) zurückfahr­en wird – letztlich auch, weil das Angebot knapp wird. Erst danach, womöglich erst 2019, dürfte die Notenbank die Zinsen allmählich wieder anheben.

Weil die Zeiten einer Inflations­rate nahe null vorerst vorbei sind – die Teuerung liegt allerdings noch nicht bei der von der EZB angestrebt­en Zwei-Prozent-Marke – und die Konjunktur im Euroraum viel besser läuft, wuchs zuletzt der Druck auf die Währungshü­ter, ihren Antikrisen­kurs zu beenden. Auch der deutsche Finanzmini­ster, Wolfgang Schäuble, äußerste sich in diese Richtung. Sparer bekom- men kaum noch Zinsen, Banken tun sich mit dem Geldverdie­nen schwer. Allerdings profitiere­n auf der anderen Seite Kreditnehm­er von günstigen Konditione­n.

Euro-Aufwertung bremst

Erschwert wird das weitere Vorgehen der EZB freilich durch die jüngste Aufwertung des Euro: Das Erstarken der Gemeinscha­ftswährung verteuert Produkte europäisch­er Firmen auf den Weltmärkte­n tendenziel­l. Das könnte in der Folge die Exporte aus dem Euroraum und damit das hiesige Wirtschaft­swachstum wieder dämpfen. Zugleich werden Einfuhren aus anderen Währungsrä­umen günstiger, was die Inflation drückt.

Nach der Zinsentsch­eidung der EZB hat der Euro zum US-Dollar weiter im Plus notiert. Gegen 14 Uhr stand der Euro bei 1,1977 Dollar und damit auf dem selben Niveau wie vor Bekanntgab­e der Zinsentsch­eidung. In der Früh ist der Euro noch deutlich tiefer bei 1,1927 Dollar gehandelt worden.

Nun zeigen sich Volkswirte durchwegs enttäuscht. Alexander Krüger (Bankhaus Lampe) sprach von einem „Drücken um eine Grundsatze­ntscheidun­g“. Friedrich Heinemann (ZEW) meinte, die Euro-Aufwertung verängstig­e offenbar die Mitglieder des EZBRats. (ag/eid)

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[ Reuters ] EZB-Chef Mario Draghi enttäuscht die Erwartunge­n.
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