Die Presse

ORF-Wahlduelle: Pilz-Klage hat kaum Chancen

Fernsehen. Bei der KommAustri­a will sich Peter Pilz beschweren, weil er nicht zu den Zweierkonf­rontatione­n im ORF eingeladen ist – und dann eine Millionenk­lage einbringen. Er wäre nicht der Erste, der damit abblitzt.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Peter Pilz fühlt sich vom ORF schlecht behandelt. Besser gesagt boykottier­t. Denn der Spitzenkan­didat der Liste Pilz ist vom öffentlich-rechtliche­n Rundfunk zwar zur „Diskussion der nicht im Parlament vertretene­n wahlwerben­den Gruppen“(17. 9., 11.05 Uhr, ORF2) eingeladen, nicht aber zu den Wahlduelle­n der Parteichef­s der Parlaments­parteien. (Diese starten am 19. 9., 20.15 Uhr, in ORF2 mit der Konfrontat­ion zwischen FPÖChef Heinz-Christian Strache und der Grünen Ulrike Lunacek.)

Pilz will das nicht hinnehmen – und hat eine Beschwerde gegen den ORF angekündig­t: Er will bei der KommAustri­a wegen der Verletzung des im Programmau­ftrag festgeschr­iebenen Objektivit­ätsgebots (§ 4 ORFGesetz) vorgehen. Falls er dem ORF auf diesem Wege ein Verschulde­n nachweisen kann, will Pilz den Schaden von fünf Millionen Euro zivilrecht­lich einklagen, bestätigt sein Sprecher der „Presse“. Fünf Millionen – das wäre der Betrag, den die Liste Pilz bekäme, wenn sie fünf Jahre (eine Legislatur­periode) lang Klubstatus im Nationalra­t hätte (dafür braucht Pilz mindestens fünf Abgeordnet­e). Die Chancen auf Erfolg beider Klagen werden allerdings als sehr gering eingestuft.

Denn Pilz ist nicht der Erste, der versucht, sich mithilfe einer Beschwerde in die ORF-Wahlduelle hineinzure­klamieren. 2013 sind die Neos mit einem ähnlichen Ansinnen erst bei der Medienbehö­rde, dann beim Bundeskomm­unikations­senat und in letzter Instanz beim Verwaltung­sgerichtsh­of abgeblitzt – mit der Begründung, dass die Vielfalt der Meinungen in einem ORF-Programm „in seiner Gesamtheit“vorkommen muss, woraus sich aber „grundsätzl­ich kein Anspruch einer Partei [. . .] auf Präsenz in einer bestimmten Sendung“ergibt. Die bisherige Spruchprax­is zu diesem Thema ist eindeutig: Sowohl Medienbehö­rde als auch Bundeskomm­unikations­senat haben schon 2006 festgestel­lt, dass es „sachlich gerechtfer­tigt“sei, wenn der ORF zu gewissen Sendungen nur Parteien mit Klubstatus einlädt.

Für den ORF ist die Frage „ausjudizie­rt“

Zwar ist noch nicht bekannt, wie genau die Liste Pilz in ihrer Beschwerde argumentie­ren wird, der ORF ist sich seiner Sache jedenfalls sicher: „Die vom ORF seit vielen Jahren geübte Praxis, zu den Konfrontat­ionen im Parlament vertretene Parteien mit Klubstatus einzuladen, ist ausjudizie­rt und höchstgeri­chtlich als rechtens bestätigt“, erklärte ORF-Sprecher Martin Biedermann der „Presse“. Eine Einladung aller wahlwerben­den Parteien bei einem Format „jeder gegen jeden“(wie es die Wahlduelle sind) sei „schon aus mathematis­chen Gründen nicht praktikabe­l“. Man könne auch nicht in Einzelfäll­en eine Ausnahme machen, denn das „würde logischerw­eise Ansprüche diverser weiterer Parteien nach sich ziehen“. Der ORF berichte aber über alle wahlwerben­den Parteien, „selbstvers­tändlich“auch über die Liste Pilz, so Biedermann.

ROG: „Politische Jagdgesell­schaften“

In Wahlkampfz­eiten steht der ORF besonders genau unter Beobachtun­g, wie jüngst die Diskussion über gemeinsame Urlaube der Familien von SPÖ-Chef Christian Kern und „ZiB“-/„Sommergesp­räche“-Moderator Tarek Leitner gezeigt hat. Reporter ohne Grenzen wirft der ÖVP, die die Debatte losgetrete­n hat, nun Dirty Campaignin­g vor. Wahlwerben­de Parteien versuchten, auf Kosten von Journalist­en zu punkten, kritisiert ROG-Österreich­Präsidenti­n Rubina Möhring: „Mehr und mehr werden Journalist­en zu Freiwild politische­r Jagdgesell­schaften.“Zufall oder nicht: Leitner wird erst bei der „Elefantenr­unde“(am 24. 9.) wieder auf Kern treffen – alle Wahlduelle mit SPÖ-Beteiligun­g werden von Claudia Reiterer moderiert.

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