„Ökonomen“gegen Attac: Das nenn’ ich Brutalität
„Wie man Attac zum Schweigen bringt“, Interview mit Gabriel Felbermayr, von Karl Gaulhofer, 2. 9. Im Interview mit dem österreichischen Ökonomen Felbermayr, den „Die Presse“gleich taxfrei zum „Sprachrohr der Ökonomen in der Freihandelsdebatte“stilisiert, zeiht dieser „die Freunde von Attac“der Unterstützung des Protektionismus, die Handelskette Spar des vordergründigen Schutzes ihrer Profitinteressen und gleich alle Kritiker der sogenannten Freihandelsabkommen a` la TTIP und der Globalisierung der Dummheit.
Als gelernter und praktizierender Ökonom erlaube ich mir, mich nicht von Felbermayr vertreten zu fühlen und seiner Holzhammerargumentation nicht zu folgen. Dazu nur einige Argumente: Keiner der ökonomischen Kritiker der Globalisierung oder der Freihandelsabkommen tritt gegen fairen Handel ein, der Unternehmen und Konsumentinnen gleichermaßen zugutekommt. Kritiker meinen jedoch, dass es bei diesen Abkommen nicht um Freihandel, also vollkommen ungehinderten Fluss von Waren und Dienstleistungen geht, sondern, wie die endlos langen Verhandlungsdauern (bis zu zehn Jahre) vermuten lassen, um den jeweiligen Schutz eigener Unternehmensinteressen. Viele versierte Kritiker bedauern, dass die interessengeleiteten Handelsströme nicht Arbeitnehmern zugutekommen, sondern die Unternehmensgewinne enorm gesteigert haben – wie die seit Jahrzehnten fallenden Lohnquoten beweisen. Niemand übersieht dabei, dass Handel auch zu niedrigeren Preisen für Konsumgüter geführt hat, aber eben vielfach durch Druck auf die Löhne erkauft wurde.
Ökonomen-Kritiker monieren an Abkommen wie TTIP, dass sie weit über den Handel hinausgehen und vielfach Investitionsschutzabkommen geworden sind, die den sozial- und umweltpolitischen Handlungsspielraum der Länder auszuhebeln versuchen. Darüber hinaus gingen die Kritiker gegen Streitbeilegungsmechanismen vor, die sich außerhalb der üblichen Gerichtsbarkeit abspielen und von Unternehmensinteressen geleitet sein sollten.
Ökonomen-Kritiker der bestehenden Verhältnisse und Abkommen haben noch eine ganze Reihe von Argumenten im Köcher, derer sich meines Wissens AttacArgumente teilweise bedienen. Kürzlich haben sich auch Professoren in Österreich diesem Reigen angeschlossen, der alle Kritiker der Unwissenschaftlichkeit zeiht – und nur ihnen, den Mainstream-Konformen, Wissenschaftlichkeit zugesteht. Herr Felbermayr reiht sich in diese Gruppe ein. Er tut damit der ökonomischen Zunft keinen Dienst – und er spricht sicher nicht für alle Ökonomen. Kurt Bayer, 1020 Wien