Sparen durch Generika
Medikamente. Ärzte sollen künftig nur noch den Wirkstoff verordnen und Apotheker ein preisgünstiges Präparat auswählen, fordert Hauptverbandschef Alexander Biach.
Medikamente. Bei der Zusammenlegung der zahlreichen Sozialversicherungen tut sich eher nichts – also will der Hauptverband bei Medikamenten einsparen: „Ärzte sollen bei medikamentöser Behandlung künftig den Wirkstoff angeben, statt ein konkretes Produkt eines bestimmten Herstellers zu verschreiben“, sagt Hauptverbandschef Alexander Biach.
Der Hintergedanke: Damit würden in Apotheken vermehrt Generika verkauft werden, die deutlich günstiger sind. Derzeit haben Generika einen Umsatzanteil von 19 Prozent am österreichischen Gesamtmarkt. Laut einer jüngst veröffentlichten Studie der London School of Economics wären in diesem Bereich jährliche Einsparungen von 65 Millionen Euro machbar. Würden alle patentfreien Produkte durch Generika ersetzt, wären es sogar 180 Millionen.
Wien. Seit Jahrzehnten wird in Österreich über die Zusammenlegung der vielen Sozialversicherungen diskutiert, doch vor den Wahlen sind hier keine Entscheidungen zu erwarten. Dabei kann man im Gesundheitssystem auch mit kleineren Maßnahmen jedes Jahr hohe Millionenbeträge einsparen, wie Alexander Biach, Vorsitzender im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, im „Presse“-Gespräch betont. Biach will unter anderem bei den Ausgaben für Medikamente den Sparstift ansetzen. Dazu sollen verstärkt Generika eingesetzt werden.
Generika sind die Nachfolgeprodukte von Arzneien, deren Patentschutz abgelaufen ist. Sie sind genauso wirksam wie das Referenzprodukt, da sie den gleichen Wirkstoff enthalten. „Die Ärzte sollen bei medikamentöser Behandlung zukünftig den Wirkstoff angeben, anstatt ein konkretes Produkt eines bestimmten Herstellers zu verschreiben“, sagt Biach. „So können stets mit einem preisgünstigen Medikament zu 100 Prozent dieselbe Wirkung und dieselbe Qualität zu einem Bruchteil des Preises erzielt werden.“
Biach verweist dabei auf eine von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) bei der London School of Economics (LSE) in Auftrag gegebenen Studie, die sich ebenfalls für eine Erhöhung der Generikaquote ausspricht. Laut Angaben des Generikaverbands liegt Österreich im europäischen Vergleich beim Generikaanteil im unteren Drittel. „Immer noch ist fast jede zweite Verordnung eines patentfreien Moleküls das teurere Originalprodukt“, betont Wolfgang Andiel, Präsident des Generikaverbands.
Anreize für Patienten
Der Umsatzanteil von Generika am Gesamtmarkt lag in Österreich im Vorjahr bei 19 Prozent. „Werden alle patentfreien Produkte durch Generika ersetzt, würden die Einsparungen bei etwa 180 Millionen Euro liegen“, sagt Andiel.
Doch tatsächlich ist ein kompletter Ersatz durch Generika unrealistisch. Die London School of Economics hält in diesem Bereich jährliche Einsparungen von 65 Millionen Euro für machbar. Als Vorbild in diesem Bereich nennt Hauptverbandspräsident Biach die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB), die zu den kleinsten Sozialversicherungen in Österreich gehört. Diese hat 2009 ein Anreizsystem eingeführt. Wenn Ärzte nicht mehr das teuerste Medikament verschreiben, bekommen die Patienten einen Euro rückvergütet.
Allein 2015 hat die VAEB mit dieser Maßnahme rund 15 Millionen Euro eingespart. Seit Einführung des neuen Systems ist der Generika-Anteil bei allen Medikamentenverordnungen von 42 Prozent auf 56 Prozent gestiegen. Deutschland und viele andere europäische Länder lassen mit strengeren Regeln aufhorchen. Dort gibt es die sogenannte Aut-idem-Regelung. „Aut idem“bedeutet „oder das Gleiche“. Als medizinischer Fachausdruck wird damit die Möglichkeit des Apothekers beschrieben, statt eines vom Arzt verordneten Arzneimittels ein preisgünstigeres Präparat auszuwählen.
Kompetenzzersplitterung
In Österreich ist die Einführung von „aut idem“bislang am Widerstand der Ärztekammer und der Pharmawirtschaft gescheitert. In Europa gibt es nur drei Länder (Österreich, Bulgarien und Großbritannien) ohne Aut-idem-Regelung.
Biach vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger will bei der Senkung der Medikamentenausgaben noch einen Schritt weitergehen. Denn die vielfach kritisierte Kompetenzzersplitterung im Gesundheitssystem zeigt sich auch bei den Arzneimitteln. So verhandelt der Hauptverband mit den Pharmafirmen, ob – und wenn ja zu welchen Preisen – Medikamente in den sogenannten Erstattungskodex aufgenommen werden. Daneben gibt es in Österreich zahlreiche Spitäler, die für den Medikamentenkauf selbst verantwortlich sind. Biach will eine gesetzliche Regelung, dass der Hauptverband der Sozialversicherungsträger und alle österreichischen Spitäler hier gemeinsam vorgehen.
Diese Maßnahme wird auch von der London School of Economics vorgeschlagen. Experten schätzen, dass die österreichischen Spitäler jährlich zwischen 277 und 554 Millionen Euro für Medikamente ausgeben. Werden hier die Kräfte mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger gebündelt, könnte jährlich ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag eingespart werden. Um das umzusetzen, müssen die Bundesländer aber einen Teil ihrer Macht abgeben. Denn für die Spitäler sind die Bundesländer zuständig. Daher gibt es in Österreich nicht weniger als zehn Gesetze für die Spitäler, eines in jedem Bundesland und dazu noch eines des Bundes.