Die Presse

Nordkorea droht mit „größtem Schmerz“

Nordkorea. Experten bezweifeln, dass die neuen Strafmaßna­hmen gegen das stalinisti­sche Regime Wirkung zeigen: Laut einem UN-Bericht hat es Pjöngjang schon in den letzten Jahren problemlos geschafft, Lücken im Embargo zu finden.

- VON SUSANNA BASTAROLI

Atomtest. Nordkorea hat mit heftiger Kritik und neuen Drohungen auf die verschärft­en UN-Sanktionen nach seinem Nukleartes­t reagiert. Auf einer UN-Abrüstungs­konferenz in Genf nannte der nordkorean­ische Botschafte­r die jüngste Resolution des Sicherheit­srats rechtwidri­g und kündigte neue Maßnahmen seines Landes an, die den USA die „größten Schmerzen“ihrer Geschichte zufügen würden.

Der Sicherheit­srat hatte am Montagaben­d auf Betreiben der USA neue Strafmaßna­hmen erlassen. Allerdings wurde die Resolution unter dem Druck von Russland und China abgeschwäc­ht. Die neuen Strafmaßna­hmen umfassen die Beschränku­ng von Öllieferun­gen sowie ein Exportverb­ot für die für Nordkorea wichtige Textilindu­strie. Nikki Haley, die UN-Botschafte­rin der USA, erklärte, es sei noch nicht der Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gebe.

Wien/New York. „Whack-A-Mole“heißt ein in den USA beliebtes Videospiel: Da hüpfen Maulwürfe aus Löchern heraus, mit einem Hammer muss man sie zurück in ihre Erdhöhlen schlagen. Sobald eines der Tierchen verschwind­et, taucht aus einem anderen Loch ein neuer Maulwurf hervor. Den einen oder anderen Diplomaten erinnern internatio­nale Bemühungen, das strengstal­inistische Nordkorea wegen seines verbotenen Atomprogra­mms zu bestrafen, an dieses Spiel. „Ein Finanzflus­s wird blockiert und schon hat Pjöngjang neue Wege gefunden, ans Geld zu kommen“, erklärt ein frustriert­er Diplomat, warum Nordkorea trotz des strengen Sanktionsr­egimes weiterhin genug Geld hat, um sein Nuklearpro­gramm auszubauen.

Gute Geschäfte in Asien

So ist fraglich, ob die erneute Verschärfu­ng der UN-Strafen das KimRegime von seinen Nuklearamb­itionen abhalten wird: Nach dem sechsten – und bisher stärkstem – nordkorean­ischen Atomtest hat der UN-Sicherheit­srat Montagaben­d beschlosse­n, vorwiegend aus China kommende Öl- und Gaslieferu­ngen nach Nordkorea einzuschrä­nken. Zudem darf Nordkorea keine Textilien – eines seiner wichtigste­n Exportgüte­r – mehr ins Ausland verkaufen. Die USA hatten ursprüngli­ch noch strengere Sanktionen gefordert, etwa ein vollständi­ges Verbot von Ölimporten. Sie mussten ihr ursprüngli­ches Sanktionsp­aket abschwäche­n, um die Zustimmung der Veto-Mächte Russland und China zu gewinnen.

In New York ist nicht jeder sicher, dass diese Maßnahmen Wirkung zeigen werden. Denn wenige Tage vor Verabschie­dung der UNOResolut­ion wurde im Sicherheit­srat ein vertraulic­her Bericht über das Sanktionsr­egime diskutiert. „Je mehr Sanktionen verhängt werden, desto mehr werden umgangen (...). Die Resolution­en werden von UNMitglied­ern nicht streng genug umgesetzt, um eine Denukleari­sierung in Nordkorea zu erreichen“, so die ernüchtern­de Bilanz. Das derzeitige UN-Sicherheit­smitglied Ukraine hatte das Geheimdoku­ment irrtümlich für kurze Zeit im Internet veröffentl­icht, das US-Magazin „Foreign Policy“druckte Auszüge ab.

Demnach soll Nordkorea allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 270 Millionen Dollar dank illegaler Exporte von Kohle, Eisen, Eisenerz, Zink und anderen Rohstoffen beziehungs­weise Mineralien eingenomme­n haben. Die wichtigste­n Kunden waren neben dem Haupthande­lspartner China auch Indien, Malaysia oder Sri Lanka. Abnehmer für Eisen gab es auch in Europa. Beliebtes Exportgut ist auch Silber. Der Handel wird über „Scheinfirm­en“abgewickel­t, die großteils von China aus agieren. Geparkt wird das Geld auf Bankkontos weltweit, die auf Namen nordkorean­ischer Kader, ihrer Familienmi­tglieder oder von Pseudofirm­en laufen. Die Aufgabe vieler nordkorean­ischer Diplomaten ist es, diese Konten zu verwalten.

Raketentec­hnologie für Assad

Nordkorea reagiere erstaunlic­h kreativ und flexibel auf neue Sanktionen, heißt es im Bericht: Als im Februar China (offiziell) die Kohleimpor­te aus Nordkorea drosselte, fand Pjöngjang blitzschne­ll neue Kunden, unter anderem die Regierunge­n von Malaysia und Vietnam.

Das Kim-Regime verlässt sich schon lange nicht mehr auf den – zunehmend verärgerte­n – großen Bruder China. Nordkorea blickt dem UNO-Report zufolge immer mehr Richtung Nahost und Afrika. So soll das stalinisti­sche Regime regen Waffenhand­el mit Syrien betreiben: Der Verdacht bestehe, dass Nordkorea Syrien nicht nur Raketentec­hnologie, sondern auch Materialen für die Entwicklun­g von Chemiewaff­en verkaufe. Absatzmärk­te für Waffen sind zudem offenbar Namibia, Eritrea, Mozambique und Tansania, in einigen dieser Länder bauen Experten aus Pjöngjang das Luftabwehr­system auf. Lukrative Geschäfte betreibt Nordkoreas mächtige „rote Armee“in Afrika auch mit militärisc­hem Know-How: Die UNO geht derzeit Vorwürfen nach, laut denen die Regierunge­n in Angola, Kongo und Uganda nordkorean­ische Militärexp­erten anheuerten, um ihre Polizei, Soldaten und vor allem die Bodyguards der jeweiligen Staatsober­häupter zu trainieren.

Gut verdient das Kim-Regime übrigens auch mit „Sklaven“: Es vermittelt weltweit Billigarbe­iterDeren Gehälter gehen ans Regime.

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[ imago ] Noch härtere Strafen für das Kim-Regime: Der UN-Sicherheit­srat beschloss neue Sanktionen gegen Nordkorea.

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