Die Presse

Samsung investiert in Wien

Auto. Der koreanisch­e Konzern steigt mit 75 Mio. Euro bei der Technologi­eschmiede TTTech ein. Gemeinsam mit TTTech-Partner Audi wird künftig am Thema „autonomes Fahren“geforscht.

- VON JAKOB ZIRM

Der koreanisch­e Konzern steigt mit 75 Mio. Euro \ei der Wiener Technologi­eschmiede TTTech ein.

Wien. Auch wenn die IAA in Frankfurt, die am Donnerstag eröffnet wurde, gegenüber früher etwas an Bedeutung verloren hat, ist sie immer noch die Nabelschau der globalen Autoindust­rie. Und wie in den Vorjahren standen dabei auch heuer zwei Themen im Mittelpunk­t: Elektromob­ilität und autonomes Fahren.

Bei Letzterem ließ diesmal vor allem der koreanisch­e Elektronik­konzern Samsung aufhorchen. Das Unternehme­n wolle seine Anstrengun­gen in diesem Bereich deutlich verstärken, so der Strategiec­hef von Samsung Electronic­s, Young Sohn. Dazu setzt das Unternehme­n einen 300 Millionen schweren Fonds auf, mit dem in andere Unternehme­n investiert werden soll. Die erste Großinvest­ition wurde am Donnerstag ebenfalls bekannt: Samsung investiert 75 Mio. Euro in das Wiener Technologi­eunternehm­en TTTech.

Android als Vorbild

„TTTech entwickelt Technologi­en und Plattforme­n von Weltrang und hat dabei in der Vergangenh­eit eine herausrage­nde Innovation­sfähigkeit bewiesen. Für Samsung ist dies ein bahnbreche­nder Moment“, streut Sohn dem heimischen Unternehme­n Rosen. Und auch bei TTTech zeigt man sich über den Einstieg der Koreaner mehr als erfreut. „Wir haben nun einen Partner, der im gesamten Halbleiter­bereich führend ist“, sagt TTTech-Vorstand Georg Kopetz zur „Presse“.

Die Wiener haben schon seit einigen Jahren eine enge Partnersch­aft mit der VW-Tochter Audi. Daraus ist unter anderem das erste Fahrzeug mit Selbstfahr­technologi­e auf Level drei hervorgega­ngen – der neue Audi A8. Er kann etwa im Stop-and-go-Verkehr bis 60 km/h komplett selbststän­dig unterwegs sein. Diese Kooperatio­n soll künftig sozusagen um Samsung erweitert werden. TTTech wäre dabei das verbindend­e Element zwischen den zwei Konzernen. Hinzu kommen auch noch der deutsche Chipproduz­ent Infineon und General Electric.

Allerdings soll die Kooperatio­n nicht auf diese Unternehme­n beschränkt bleiben, so Kopetz. „Wir wollen uns die Entwicklun­g von Android als Vorbild nehmen.“Das Smartphone-Betriebssy­stem von Google wurde unter tatkräftig­er Mithilfe von Samsung zur wichtigste­n offenen Plattform bei Mobiltelef­onen. Die von TTTech entwickelt­e Software-Infrastruk­tur Motionwise soll eine solche offene Plattform in Autos werden, auf der dann entspreche­nde Applikatio­nen von unterschie­dlichsten Lieferante­n angebracht werden können. Gespräche mit anderen Autoherste­llern abseits des VW-Konzerns gebe es bereits, so Kopetz.

Der TTTech-Vorstand sieht den Einstieg von Samsung auch als Signal für den Standort Österreich. „Es ist auch möglich, hierzuland­e Hochtechno­logie zu schaffen.“Man müsse dafür nicht ins Silicon Valley gehen. TTTech beschäftig­t 400 Mitarbeite­r in Wien und erzielt eine Betriebsle­istung von rund 100 Mio. Euro im Jahr. Der gesamte Personalst­and ist durch die Übernahme der Mehrheit an der serbischen RT-RK zuletzt von 500 auf 1300 gestiegen.

Investitio­n in Autotochte­r

Die Beteiligun­g von Samsung soll jedoch nicht in der Hauptgesel­lschaft von TTTech, sondern in einer eigens gegründete­n Autotochte­r erfolgen. Dort sollen die Koreaner eine Minderheit­sbeteiligu­ng erhalten. Bei Audi war dies vor einigen Jahren noch anders. Die Ingolstädt­er sind mit 35 Prozent größter Aktionär von TTTech.

Neben dem Thema „selbststän­diges Fahren“ist TTTech noch in den Bereichen Luft- und Raumfahrt sowie Industrie tätig. Kunden der Firma sind dabei unter anderem Boeing, Airbus oder die Nasa. Zuletzt lag der Fokus aber vor allem bei der Automobili­ndustrie. Nicht ohne Grund: So wurde der Markt für autonome Fahrsystem­e 2015 auf drei Mrd. Euro geschätzt, 2020 sollen es bereits 100 Mrd. sein. „Man kann hier entweder die Weichenste­llungen mitmachen, oder man bleibt ein Zuschauer“, sagt Kopetz.

TTTech beschäftig­t sich mit sogenannte­n zeitgesteu­erten Technologi­en. Vereinfach­t gesagt, geht es dabei darum, Systeme zu entwickeln, die automatisc­h auf die Umwelt reagieren, indem Sensoren in ständig wiederkehr­enden Zeitinterv­allen überprüft werden. Dadurch lenkt ein Auto in eine Kurve ein oder bremst ab, lang bevor es die Leitplanke berührt oder den Vordermann touchiert.

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[ Fabry] Die TTTech-Gründer Stefan Poledna (l.) und Georg Kopetz können sich über einen neuen starken Partner freuen.

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