Die Presse

Eine (un)freiwillig­e Rebellin

Porträt. Daniela Holzinger-Vogtenhube­r lehnte sich in der SPÖ häufig gegen den Klubzwang auf. Bei der Liste Pilz, der sie nun angehört, wird es einen solchen nicht geben.

- VON JULIA NEUHAUSER

Wien. Eigentlich hatte sie die Politik hinter sich gelassen, wollte den Master an der Uni nachholen und die Privatpilo­tenlizenz machen. Doch dann kam der Wahlkampf dazwischen. Daniela HolzingerV­ogtenhuber, die 2013 als jüngste SPÖ-Abgeordnet­e ins Parlament einzog, tourt derzeit wieder von Messen zu Volksfeste­n und durch Einkaufsst­raßen. Diesmal teilt sie allerdings nicht Flyer der SPÖ aus. Sie ist nun im Team von Peter Pilz.

Wirklich überrasche­nd war der Parteiwech­sel nicht. Zu viel ist zwischen Holzinger-Vogtenhube­r und ihrer Mutterpart­ei vorgefalle­n. Pilz sei die Oberösterr­eicherin, sagt er, aber weniger durch das SPÖ-interne Hickhack und vielmehr als „genaue Fragerin“beim Eurofighte­r-U-Ausschuss aufgefalle­n. „Sie war einfach wirklich gut.“Dafür hat er die 29-Jährige auf Platz vier seiner Bundeslist­e gesetzt. Damit ist ihr Wiedereinz­ug ins Parlament möglich. Aber freilich nicht fix.

Das war auch damals, als Holzinger-Vogtenhube­r für die SPÖ antrat, nicht anders. Sie wurde von der Parteispit­ze nicht fix auf einen aussichtsr­eichen Listenplat­z für die Nationalra­tswahl 2013 gesetzt. Holzinger-Vogtenhube­r hat dafür gekämpft. Zuerst wurde sie bei den 52 Ortspartei­en im Bezirk Vöcklabruc­k mit ihrem Programm vorstellig, und dann machte sie mit ihrem Team 4500 Hausbesuch­e. Erst damit sicherte sie sich den Einzug in den Nationalra­t. Mitunter deshalb wird ihr im Bezirk – trotz großer Verbitteru­ng – noch immer Fleiß, Ehrgeiz und wahlkämpfe­risches Talent bescheinig­t. Sie wirke zugänglich und bodenständ­ig.

„Eine Todsünde der SPÖ“

Im Hohen Haus angekommen, sorgte die junge Abgeordnet­e aber bald für Schlagzeil­en. Sie stimmte damals entgegen der roten Klublinie einem grünen Antrag für einen Hypo-U-Ausschuss zu. Sie scherte bei der Verschärfu­ng des Asylgesetz­es sowie beim Ceta-Abkom- men aus. Damit handelte sie sich schnell den Ruf der wenig kompromiss­bereiten roten Parteirebe­llin ein. Als solche habe sie sich selbst nie gesehen.

„Ich habe ja 99 Prozent der Dinge mitgetrage­n und mich immer an das Parteiprog­ramm gehalten“, sagt Holzinger. Die SPÖ selbst sei in gewissen Bereichen von ihren Parteiprin­zipien abgewichen, nicht sie als Mandatarin. Damit, dass sie „nicht mehr gefolgt hat“, sagt Pilz, habe Holzinger-Vogtenhube­r „eine Todsünde der SPÖ“begangen.

Bei der Liste Pilz wird sie sich diesbezügl­ich wohl leichter tun. Hier soll es weder ein Parteiprog­ramm noch einen Klubzwang geben. „Bei uns sind die Personen Programm“, hat Pilz stets betont. Holzinger-Vogtenhube­r hat ihre politische Vision erst im Frühjahr in Magazinfor­m vorgelegt. „B“wie „Beitrag“hatte sie ihr Programm, damals noch in Anlehnung an den Plan A des Kanzlers, genannt. In dem spricht sie sich etwa klar gegen einen Zwölfstund­entag und Uni-Zugangsbes­chränkunge­n aus. „Auch wenn ich kein SPÖ-Parteimitg­lied mehr bin, habe ich weiter meine soziale und demokratis­che Überzeugun­g“, sagt Holzinger.

Diese hat sie aus ihrem Elternhaus mitbekomme­n. Ihr Vater ist Schlosser, die Mutter Hausfrau, die beiden Geschwiste­r haben eine Lehre absolviert. Als Politikwis­senschafts­studentin wollte sie sich im Gemeindera­t ihrer Heimat Gampern im Bezirk Vöcklabruc­k engagieren. Schon damals hätte sie bei einer anderen Partei als der SPÖ landen können. „Der Herr von der Bürgerlist­e klopfte aber später an.“

Auf all ihren Wegen – an die Uni, in den Gemeindera­t, ins Parlament und zur Liste Pilz – hat sie ihr Mann, Markus Vogtenhube­r, begleitet. Die beiden haben gemeinsam studiert und sind gemeinsam in der Ortspartei vorstellig geworden. Als Daniela Holzinger-Vogtenhube­r Nationalra­tsabgeordn­ete wurde, wurde ihr Mann, mit dem sie seit 14 Jahren in einer Partnersch­aft ist, ihr Pressespre­cher. „Mein Gehalt haben wir uns geteilt. Wir sind ein gutes Team. Nur meine Mutter sagt, wir kleben aufeinande­r.“Nun ist er Wahlkampfl­eiter für die Liste Pilz in Oberösterr­eich.

Hört man sich in der SPÖ um, heißt es oft, ihr Mann ziehe die Fäden. Eigentlich sei nicht sie, sondern er der Rebell. „Niederträc­htig und letztklass­ig“seien solche Aussagen, sagt Pilz. Mit dem Sinn für Gleichbere­chtigung könne es angesichts solcher Aussagen nicht weit her sein. „Mein Mann unterstütz­t mich gern aus der zweiten Reihe. Die SPÖ traut jungen Frauen offenbar keine eigene Meinung zu“, sagt die Politikeri­n. Generell scheint der Unmut in der oberösterr­eichischen SPÖ noch groß. Relativ offen wird die Ex-Mandatarin als „kleine IchAG“bezeichnet. Eine auffällige Parallele zu Peter Pilz. Dieser wird ja gern als Ein-Mann-Show betitelt.

„Eine von 183“: In dieser „Presse“Serie sind bereits die Porträts von Sepp Schellhorn (Neos) und Elisabeth Feichtinge­r (SPÖ) erschienen.

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[ Michele Pauty ] „Ich habe weiter meine soziale und demokratis­che Überzeugun­g“, sagt Daniela Holzinger-Vogtenhube­r von der Liste Pilz.

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