Wie man Akademiker vertreibt
Seltsam: EU-Freizügigkeit gilt nicht für Österreicher in Österreich.
V orige Woche war an dieser Stelle zu lesen, dass dieses Land Hochqualifizierte vertreibt und dafür Minderqualifizierte magnetisch anzieht. Wie krass Ersteres geschieht, zeigt ein aus dem prallen Leben gegriffenes Beispiel:
Ein Österreicher (Akademiker) heiratet eine Brasilianerin (Akademikerin, Studien in Brasilien und Holland, drei EU-Sprachen) und möchte sich mit ihr in Österreich niederlassen. Kein Problem, denkt er, denn es gibt ja die EU-Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/ 2004, die nahen Angehörigen von EU-Bürgern, auch wenn diese aus Drittstaaten stammen, sofortige Aufenthaltsbewilligung und Zugang zum Arbeitsmarkt zusichert.
Diese Rechnung geht aber hierzulande nicht auf: Die Freizügigkeitsrichtlinie gilt nämlich für nahe Angehörige aller EU-Bürger in der gesamten EU, nur nicht für solche von Österreichern in Österreich. Kein Witz.
Zur Illustration drei Beispiele: In Österreich lebender Franzose heiratet Brasilianerin: Kein Problem, sofortige Aufenthaltsgenehmigung und voller Zugang zum Arbeitsmarkt sind garantiert.
Österreicher, der sein Erasmus-Semester in Barcelona absolviert, heiratet dort Brasilianerin, kommt mit ihr nach Österreich: Kein Problem, siehe oben.
Österreicher, der in Österreich lebt, heiratet Brasilianerin: Großes Problem, denn er hat sich seinen „Freizügigkeitssachverhalt“(das heißt wirklich so) noch nicht ersessen. Das geschieht durch einen nachgewiesenen mindestens dreimonatigen Aufenthalt in einem anderen EU-Staat. D ie beiden Jungvermählten haben also zwei Möglichkeiten: Die Braut geht wieder ins Ausland, stellt dort für Österreich einen „Aufenthaltsantrag“und wartet dessen Erledigung im Ausland ab. Das kann aber viele Monate dauern. Oder die beiden ziehen gleich in einen anderen EUStaat. Dort können sie ohne Probleme sofort zusammenleben und nach Belieben Jobs annehmen.
Die beiden werden wohl Letzteres machen, bevor sie sich von der hiesigen Bürokratie noch länger veräppeln lassen. Zwei Hochqualifizierte weniger. Macht aber nichts, die Lücke kann man ja über die Asyl-/Wirtschaftsmigrationsschiene auffüllen. Dann passt wenigstens die Kopfzahl wieder. Stimmt’s?
Eine Frage hätten wir aber schon noch: Wem um Himmels willen fallen solche vertr . . ., äh seltsamen Gesetze ein?