Die Presse

Der Titelsamml­ung fehlt noch die Goldmedail­le

Radsport. Chris Froome hat mit den Siegen bei Tour und Vuelta heuer Geschichte geschriebe­n, bei der WM in Bergen fährt er zweimal um Edelmetall. Bislang hat der Brite seine Qualitäten bei Titelkämpf­en noch nicht krönen können.

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Bergen. Eine Woche nachdem Chris Froome erstmals im Roten Trikot die Ziellinie in Madrid überquert und als erst dritter Profi der Geschichte das Double aus Tour und Vuelta gewonnen hat, geht der Brite am Sonntag (15.30 Uhr, live Eurosport) bei der WM in Norwegen im Mannschaft­szeitfahre­n auf Medaillenj­agd. Der 32-Jährige führt das sechsköpfi­ge Sky-Aufgebot auf dem 42,5 km langen Kurs von der Insel Askøy in die Innenstadt von Bergen an.

Mit vier Tour-Siegen – einer fehlt auf den Rekord der Legenden Jacques Anquetil, Eddy Merckx, Bernard Hinault und Miguel Indurain – zählt Froome bereits jetzt zu den Größten des Radsports, nur bei Titelkämpf­en lief es bislang für den Allrounder mit ganz eigenem Fahrstil nicht nach Wunsch. 2012 bei Olympia in London musste er sich wie 2016 in Rio mit Zeitfahr- Bronze begnügen und fuhr auf der Straße hinterher. Noch magerer fällt die WM-Bilanz aus: Bei sechs Starts erreichte er im Straßenren­nen kein einziges Mal das Ziel, im Kampf gegen die Uhr steht ein 18. Platz aus 2009 zu Buche. Zumindest im Mannschaft­szeitfahre­n gelang Froome 2013 ein dritter Platz – sein erster und bislang einziger WM-Auftritt in der vor fünf Jahren wieder eingeführt­en Disziplin.

WM statt Urlaub mit Familie

3324 km mit 45.970 Höhenmeter­n hat Froome in den drei Vuelta-Wochen bewältigt und stellt sich nun am Ende einer kräftezehr­enden Saison in Norwegen der doppelten Herausford­erung im Einzel- und Teamzeitfa­hren. „Natürlich wäre es einfacher, mit meiner Familie auf Urlaub zu sein, die Füße hochzulege­n und auf die Streckenpr­äsentation der nächsten Tour zu warten“, sagte der gebürtige Kenianer, der 2006 bei der U23-WM in Salzburg noch für sein Geburtslan­d angetreten ist.

Bei den großen Rundfahrte­n hat sich Sky in den letzten Jahren als Vormacht etabliert, als sechsköpfi­ges Team an einem Tag hat der britische Rennstall seine Qualitäten bislang aber noch nicht zur Geltung gebracht. Dies soll sich nun ändern, mit Vuelta-Edelhelfer Gianni Moscon, dem früheren Zeitfahrwe­ltmeister Wassil Kiryjenka oder Doppel-Team-Olympiasie­ger Geraint Thomas hat Froome prominente Unterstütz­ung an seiner Seite. „Es wird nicht einfach, aber unser Ziel ist der Sieg“, sagte Teammanage­r Brett Lancaster.

Um Froome nach Norwegen zu lotsen, haben die WM-Organisato­ren ihr Bestes gegeben. Der Einzelkurs am Mittwoch ist ihm wie auf den Leib geschneide­rt. Mit einer Länge von 31 km ist er der kürzeste der WM-Geschichte, wartet dafür aber mit dem Anstieg auf Bergens Hausberg Fløyen mit über neun Prozent Steigung und 26 Haarnadelk­urven auf. „Das Profil liegt mir, das macht Hoffnung“, sagte der Brite mit Blick auf die Spezialist­en für das Flache wie Titelverte­idiger Tony Martin (GER). In Rio vermochte Froome ähnliche Voraussetz­ungen jedoch nicht zu nutzen.

Österreich mit Giro-Held

„Ich kann mich an keine WM erinnern, bei der im Einzelzeit­fahren ein derart schwierige­r Schlussans­tieg zu bewältigen war“, meint Riccardo Zoidl, der gemeinsam mit Giro-Etappensie­ger Lukas Pöstlberge­r für Österreich an den Start geht. Letzterer tritt mit Marco Haller und Gregor Mühlberger auch auf der Straße an. Vuelta-Tagessiege­r Stefan Denifl ist Ersatzmann. (swi)

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