Die Presse

Günther Paal sagt: „Reden wir über die Unterschie­de“

Gunkls neues Programm ist rührend, eindringli­ch und hoch komisch.

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„Wenn der Herbst eine Frau wäre, müsste er Paul heißen und nach Brot riechen.“Mit diesem absurden Satz eröffnet Günther Paal, Gunkl, sein zwölftes Solokabare­tt „Zwischen Ist und Soll“, das diese Woche im Stadtsaal Premiere hatte. Doch dann geht es sehr konkret weiter, und der Künstler zerpflückt die Regeln der Kommunikat­ion. Eine Bierkiste würde Gunkl als Bühne reichen: Er rührt sich nicht vom Fleck, wenn er seine Sprüche vorbringt: „Wer Fragen stellt, muss mit der Antwort leben können.“Oder: „Es ist ein Blödsinn, nur darüber zu reden, was wir gemeinsam haben. Wir müssen darüber reden, was uns trennt.“

Am Beispiel der Prämisse „Sei kein Oasch“legt Gunkl dar, dass die Gruppengrö­ße entscheide­t, welchem Regelwerk Menschen folgen. Im Dorf würden sich Leute aufrichtig­er verhalten als in immer größer werdenden Gesellscha­ften, deren Paradigmen, was einen zum „Oasch“macht, schwammige­r werden. Dass bei all der Belehrung keine Fadesse aufkommt, liegt daran, dass Gunkl viel Privates preisgibt. Erstmals macht er das bei sich diagnostiz­ierte Asperger-Syndrom zum Thema – quasi „Autismus light“. Und erklärt dem Publikum, dass er als Aspergeria­ner lieber zum Zahnarzt geht als zu einem Fest, weil Ersteres ein „wohlbegrün­detes und von allen akzeptiert­es Ende hat“. Oder dass er den Zustand des „Sich-Auskennens“dem des Rauschs und der Lust bevorzugt.

Die Lacher kommen recht unvorherse­hbar, denn so gekonnt, wie Gunkl mit der Sprache spielt, weiß er auch, was eine Pointe ausmacht: ein Bruch zwischen dem Soll, das erwartet wird, und dem, was ist. (vers)

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