Kunstvolle Coups und smarte Räuber
Streamingtipps. Im Kino geht „Logan Lucky“auf spektakulären Raubzug. Ob mit Rammbock durch die Tresorwand oder mit gefinkelten Tricks in die Tasche eines Ahnungslosen: Filmdieben sieht man gern zu. Fünf Empfehlungen.
Das „Heist Movie“-Genre – jene Kinogattung, bei der es ums Drehen spektakulärer Dinge geht – gilt als Männerdomäne. Jungsklubwerte wie Loyalität und Kameradschaft spielen dort oft eine große Rolle, und „Men on a Mission“-Filmen („Das dreckige Dutzend“) oder Gruppenwestern („Die glorreichen Sieben“) kann man geistige Verwandtschaft attestieren. Nur haben Raubzugsgeschichten etwas Spielerisches: Als würde man einem bunten Haufen Rotzbengel dabei zuschauen, wie sie einen tolldreisten Streich aushecken – und mit Vergnügen in die Tat umsetzen. Bezeichnenderweise lebt „Ocean’s Eleven“(1960), ein Prototyp für HeistAbenteuer, in erster Linie vom Charisma des legendären RatPack-Entertainertrupps.
Inzwischen stellt Steven Soderberghs Remake den Klassiker in den Schatten. Man kann es der Neuauflage nicht ankreiden: Auch sie schickte ein Team von Charmebolzen ins Rennen (George Clooney, Matt Damon, Brad Pitt, Don Cheadle und den jungen Casey Affleck) und definierte en passant, wie Coolness auf der Leinwand im neuen Jahrtausend auszusehen hatte. Die Zutaten: fließende Inszenierung, Cocktailbar-Atmosphäre und ein geschmeidiger Soundtrack zwischen Jazz, Funk und Dancefloor-Grooves. In einer Schlüsselszene von „Der Clou“wird man Zeuge eines raffinierten Bluffs – am Pokertisch und zwischen den Bildern. Trickbetrüger Henry (lässig: Paul Newman) wettet hoch. Wir sehen seine Karten und die seines Gegners, rechnen garantiert mit einer Pleite. Doch als die Hände auf dem Tisch landen, haben sich Henrys Dreier wie durch ein Wunder in Buben verwandelt – und das Geld gehört ihm. Den Zuschauer mit Chuzpe übers Ohr hauen – auch das ist Teil der Magie des Kinos. Und der mit sieben Oscars ausgezeichnete Kultstreifen von George Roy Hill hat Schneid genug. Robert Redford gibt den Adlatus von Newmans altem Hasen; zusammen führen sie einen Gangster an der Nase herum: Höchst amüsant. „Die Unfassbaren“zählt zu den exzentrischsten Blockbusterreihen des jüngeren Hollywood: Eine Gruppe begnadeter Zauberkünstler foppt mit gefinkelten Tricks mächtige Magnaten, raubt sie aus und schenkt das Geld dem klei- nen Mann – im Namen einer mythischen Geheimgesellschaft, die schon seit Jahrtausenden existiert. Kann man sich mit dieser Prämisse abfinden, so bietet der erste Film nette Action, purzelnde Wendepunkte und vergnügliches Geplänkel zwischen Stars wie Woody Harrelson, Jesse Eisenberg, Mark Ruffalo, Michael Caine und Morgan Freeman. Und im Vergleich zum zweiten Teil, der sich komplett in die Absurdität verabschiedet, hat die Handlung hier noch ein gewisses Maß an Stringenz. Schon die EAV besang in „Ba-BaBanküberfall“die traurige Lächerlichkeit eines Österreichers, der sich an einem „Heist“versucht. In gewisser Hinsicht stellt Florian Flickers „Der Überfall“die Filmfassung des Songs dar. Ein verzweifelter Absteiger (Roland Düringer) kriegt beim Supermarktraub kalte Füße, flüchtet in die Schneiderei nebenan und nimmt deren Besitzer (Joachim Bißmeier) als Geisel. Wider Willen mit von der Partie: ein hypochondrischer Kunde (Josef Hader). Was klingt wie ein Gipfeltreffen der Kabarettkönige, erweist sich als bitterböses Drama, das vom hasserfüllten Hickhack in die Verbrüderung kippt – und wieder zurück. Cool? Keine Spur! Spike Lee ist einer der prominentesten afroamerikanischen Regisseure des 20. Jahrhunderts – und jemand, der Reizthemen am Kragen packt. Für „Inside Man“wählte er ausnahmsweise den Genre-Umweg, um Politisches zu verhandeln, und schuf einen seiner besten Filme. Er handelt von einem Banküberfall samt Geiselnahme, dessen Drahtzieher, Dalton (Clive Owen), mit Ablenkungsmanövern operiert: um Zeit zu kaufen und ans große Geld zu kommen. Denzel Washington gibt mit Überzeugungskraft den verantwortlichen Polizisten, der alle Register zieht, um den Räubern das Handwerk zu legen.
Doch je länger man dem Geschehen folgt, umso deutlicher zeigt sich, dass es Lee um mehr als um bloße Thrillermechanik geht. Sukzessive fächert „Inside Man“ein schillerndes Sozialpanorama New Yorks auf, in dem sich die zerrissene Seele der terrorgebeutelten USA widerspiegelt. Über typenhafte Nebenfiguren und beiläufige Szenen werden Rassismus, Sexismus, Ungleichheit ins Spiel gebracht – und beim Namen genannt. Die wahre Hauptattraktion des Films ist letztlich weniger der smarte Beutezug, vielmehr die nahtlose Einfädelung dieser „nebensächlichen“Elemente in eine Suspense-Plot-Textur.