Warum ist ein Regenbogen rund?
Ein Wassertropfen ist, zumindest annähernd, eine Kugel. Dadurch bildet reflektierendes Licht einen Kegelmantel und erscheint gekrümmt.
„Licht wird je nach Lichtfarbe unterschiedlich abgelenkt. Rotes Licht bricht etwa mit 42 Grad.“
Der Kristallluster im Wohnzimmer zeigt es vor, wenn die Sonne darauf scheint. Er bricht das Licht, spaltet es in die einzelnen Farbbestandteile auf. An der Wand sind dann fantastische bunte Muster in allen Spektralfarben zu sehen, allerdings als kleine Fläche. Warum also krümmt sich ein Regenbogen, bei dem doch Ähnliches passiert?
„Das liegt daran, dass die Tropfen zumindest annähernd rund sind“, sagt Paul Winkler vom Fachbereich für Aerosolphysik und Umweltphysik der Uni Wien. Während die Teile eines Lusters eben sind, haben Regentropfen runde Grenzflächen, sind also rotationssymmetrisch. Das bedeutet, dass das Licht in verschiedene Richtungen abgelenkt wird. Es bildet einen Kegelmantel – und dadurch die ge- wohnte Bogenform. Das Sonnenlicht wird zunächst an der Vorderseite der Regentropfen gebrochen. Beim Übertritt in ein anderes Medium, in diesem Fall von Gas in Wasser, wird es abgelenkt. Die Richtung ändert sich, weil sich das Licht im Wasser langsamer ausbreitet als in der Luft. Im Inneren der Tropfen kommt es dann zu Reflexionen. Das Licht – das für den Menschen sichtbare, aber auch das unsichtbare wie UV- oder Infrarotstrahlung – wird umgelenkt und kommt wieder zurück.
Der zweite Bogen ist schwächer
Es wird je nach Lichtfarbe unterschiedlich abgelenkt. Rotes Licht bricht etwa mit 42 Grad, blaues mit 40 Grad usw. Die Kegelmäntel aus der Brechung der verschiedenen Spektralfarben werden ineinandergeschachtelt, dadurch entsteht schließlich ein bunter Bogen. Winkler vergleicht das mit einem Zirkel, bei dem vom selben Punkt aus – beim Regenbogen ist das der Standort des Betrachters – mehrere Kreise gezogen werden.
Wieso sieht man mitunter gleich zwei Regenbögen auf einmal? Das passiere nur bei sehr starkem Regen und sehr intensiver Sonneneinstrahlung, erklärt Winkler. Dann nämlich kommt es gelegentlich zu einer Doppelreflexion: Das Licht wird in den Tröpfchen nicht nur einmal, sondern auch ein zweites Mal reflektiert. Durch den längeren Weg, den das Licht dabei zurücklegt, erscheint der zweite Regenbogen allerdings etwas schwächer. Außerdem kommt es durch die doppelte Reflexion zu einer Farbumkehr. „Der Hauptregenbogen ist oben rot und unten blau. Der zweite Bogen schließt darüber an, beginnt unten rot und endet oben blau“, so Winkler. Ob ein oder zwei Bögen: Der Betrachter wird nur dann Zeuge des optischen Phänomens, wenn er am richtigen Ort steht. Er muss die Sonne
Paul Winkler, Physiker
im Rücken haben und die Regenwolke vor sich sehen.
In seiner Forschung interessieren den Aerosolphysiker weit winzigere Teilchen als Regentropfen mit einem Durchmesser von rund einem Millimeter. „Die Teilchen in der Atmosphäre, mit denen wir uns befassen, sind etwa ein Millionstel kleiner“, sagt Winkler. Er untersucht natürliche Vorgänge der Nanoteilchenbildung genauso wie vom Menschen, also etwa durch Industrieemissionen, verursachte. Für die Messungen hat er mit einem Consolidator Grant, einer hohen EU-Forschungsförderung, ein neues Gerät gebaut. Zudem arbeitet er am Cloud-Experiment des Schweizer Kernforschungszentrums CERN mit, bei dem Aerosole, also Gemische aus festen oder flüssigen Schwebeteilchen in einem Gas, untersucht werden.