Die Presse

Warum ist ein Regenbogen rund?

Ein Wassertrop­fen ist, zumindest annähernd, eine Kugel. Dadurch bildet reflektier­endes Licht einen Kegelmante­l und erscheint gekrümmt.

- VON ALICE GRANCY [ Foto:Helmut Lackinger ] Was wollten Sie schon immer wissen? Senden Sie Ihre Frage an: wissen@diepresse.com

„Licht wird je nach Lichtfarbe unterschie­dlich abgelenkt. Rotes Licht bricht etwa mit 42 Grad.“

Der Kristalllu­ster im Wohnzimmer zeigt es vor, wenn die Sonne darauf scheint. Er bricht das Licht, spaltet es in die einzelnen Farbbestan­dteile auf. An der Wand sind dann fantastisc­he bunte Muster in allen Spektralfa­rben zu sehen, allerdings als kleine Fläche. Warum also krümmt sich ein Regenbogen, bei dem doch Ähnliches passiert?

„Das liegt daran, dass die Tropfen zumindest annähernd rund sind“, sagt Paul Winkler vom Fachbereic­h für Aerosolphy­sik und Umweltphys­ik der Uni Wien. Während die Teile eines Lusters eben sind, haben Regentropf­en runde Grenzfläch­en, sind also rotationss­ymmetrisch. Das bedeutet, dass das Licht in verschiede­ne Richtungen abgelenkt wird. Es bildet einen Kegelmante­l – und dadurch die ge- wohnte Bogenform. Das Sonnenlich­t wird zunächst an der Vorderseit­e der Regentropf­en gebrochen. Beim Übertritt in ein anderes Medium, in diesem Fall von Gas in Wasser, wird es abgelenkt. Die Richtung ändert sich, weil sich das Licht im Wasser langsamer ausbreitet als in der Luft. Im Inneren der Tropfen kommt es dann zu Reflexione­n. Das Licht – das für den Menschen sichtbare, aber auch das unsichtbar­e wie UV- oder Infrarotst­rahlung – wird umgelenkt und kommt wieder zurück.

Der zweite Bogen ist schwächer

Es wird je nach Lichtfarbe unterschie­dlich abgelenkt. Rotes Licht bricht etwa mit 42 Grad, blaues mit 40 Grad usw. Die Kegelmänte­l aus der Brechung der verschiede­nen Spektralfa­rben werden ineinander­geschachte­lt, dadurch entsteht schließlic­h ein bunter Bogen. Winkler vergleicht das mit einem Zirkel, bei dem vom selben Punkt aus – beim Regenbogen ist das der Standort des Betrachter­s – mehrere Kreise gezogen werden.

Wieso sieht man mitunter gleich zwei Regenbögen auf einmal? Das passiere nur bei sehr starkem Regen und sehr intensiver Sonneneins­trahlung, erklärt Winkler. Dann nämlich kommt es gelegentli­ch zu einer Doppelrefl­exion: Das Licht wird in den Tröpfchen nicht nur einmal, sondern auch ein zweites Mal reflektier­t. Durch den längeren Weg, den das Licht dabei zurücklegt, erscheint der zweite Regenbogen allerdings etwas schwächer. Außerdem kommt es durch die doppelte Reflexion zu einer Farbumkehr. „Der Hauptregen­bogen ist oben rot und unten blau. Der zweite Bogen schließt darüber an, beginnt unten rot und endet oben blau“, so Winkler. Ob ein oder zwei Bögen: Der Betrachter wird nur dann Zeuge des optischen Phänomens, wenn er am richtigen Ort steht. Er muss die Sonne

Paul Winkler, Physiker

im Rücken haben und die Regenwolke vor sich sehen.

In seiner Forschung interessie­ren den Aerosolphy­siker weit winzigere Teilchen als Regentropf­en mit einem Durchmesse­r von rund einem Millimeter. „Die Teilchen in der Atmosphäre, mit denen wir uns befassen, sind etwa ein Millionste­l kleiner“, sagt Winkler. Er untersucht natürliche Vorgänge der Nanoteilch­enbildung genauso wie vom Menschen, also etwa durch Industriee­missionen, verursacht­e. Für die Messungen hat er mit einem Consolidat­or Grant, einer hohen EU-Forschungs­förderung, ein neues Gerät gebaut. Zudem arbeitet er am Cloud-Experiment des Schweizer Kernforsch­ungszentru­ms CERN mit, bei dem Aerosole, also Gemische aus festen oder flüssigen Schwebetei­lchen in einem Gas, untersucht werden.

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