Brillenträger haben höheres Verletzungsrisiko
Sportwissenschaft. Warum stürzen Bergwanderer? Forscher der Universität Innsbruck untersuchen, wie es zum Ausrutschen, Umknicken und Stolpern in den Bergen kommt – die Hauptunfälle neben Herz-Kreislauferkrankungen.
Bergwandern ist eine der beliebtesten Sportarten. In Österreich machen sich Schätzungen zufolge mehrere Millionen Wanderer jeden Sommer auf den Weg in die Berge. Geordnet nach Bergsportdisziplinen passieren dort seit Jahren die meisten Unfälle. Sie stellen auch die mit Abstand größte Gruppe von Aktiven dar. Vor allem 40bis 70-Jährige wandern in den Bergen. Sie sind es auch, die sich am häufigsten verletzen: Tödlich sind zwar die wenigsten Unfälle, aber ausrutschen, stürzen, ausgleiten, umkippen und stolpern gehören zu den Hauptursachen von Verletzungen am Berg.
Das Stolpern macht fast 50 Prozent aller Unfälle beim Wandern aus. Die Ursachen waren aber, anders als bei Herz-KreislaufVor- und Notfällen – die weitere 50 Prozent der Unfallstatistik ausmachen – noch kaum erforscht. Martin Faulhaber, Sportwissenschaftler an Universität Innsbruck, selbst ein leidenschaftlicher Wan- derer, ging dem Phänomen von Risikofaktoren nun im vom Österreichischen Forschungsfonds FWF geförderten Projekt „Stürze bei Bergwanderern“nach.
Das Hauptziel der Forschung war es, die internen und externen Risikofaktoren zu ermitteln, um am Ende präventive Maßnahmen für Tausende Bergwanderer zu entwickeln. Faulhabers Team kam auf interessante Details: „Brillenträger scheinen ein höheres Verletzungsrisiko zu haben. Welche Mechanismen dabei eine Rolle spielen, muss aber noch geklärt werden“, sagt Faulhaber.
Bergab die meisten Unfälle
Als Ausgangsdaten dienten Faulhaber die Protokolle der Alpinpolizei, die Unfälle immer dann erfasst, wenn Notrufe abgesetzt wurden. „Diese verzeichnen Routinedaten wie Alter, Geschlecht, Höhe, Lage des Unfallorts, Wegbeschaffenheit, Wetter, Verletzungen und einen (sehr) stichwortartigen Unfallhergang“, sagt Faulhaber. Die standardisierten Erfassungs- bögen reichten ihm und seinem Team aber nicht. Er ließ gestürzten Bergwanderern, die dazu bereit waren und dabei anonym blieben, weitere Fragen zukommen. Etwa: Gab es Vorerkrankungen, nahm der Wanderer Medikamente ein, wie lang dauerte die Wanderung bis zum Unfall, wie viele Pausen wurden eingelegt, ist man Brillenträger, war man ermüdet, hatte man bereits Muskelkater, welches Equipment wurde benutzt und wie wurde es eingesetzt, welchen Routenlauf wählten die Wanderer, welche sportlichen Aktivitäten üben
und Bergsteiger verletzen sich durchschnittlich jedes Jahr auf Österreichs Bergen. Galt in der Vergangenheit schlechte Ausrüstung als Ursache, so ist es heute eher mangelnde körperliche Konstitution.
sterben beim Bergsport im Durchschnitt jährlich, die meisten in leichtem Gelände. sie regelmäßig im Alltag aus, wie viel Flüssigkeit nahmen sie zu sich, wie schätzten sie die Möglichkeit zur Unfallprävention ein und dergleichen. An den Unfallstellen überprüfte das Team das Gelände, die Neigung und die Wegbeschaffenheit und glich das mit dem zum Zeitpunkt des Unfalles vorherrschenden Wetter ab.
Was erfahrene Bergwanderer bereits vermuteten, bestätigen die Forscher, nämlich, „dass 70 Prozent der Unfälle beim Bergabgehen passieren“, sagt Faulhaber. Als beste Präventivmaßnahmen gelten gutes und richtig eingesetztes Equipment sowie ausreichende körperliche Vorbereitung. Gerade Zweiteres wird von vielen vernachlässigt, gehört aber zur Selbstverantwortung jeden Wanderers: „Hier bleibt mir nur, eine Empfehlung abzugeben“, sagt Faulhaber.
Die Innsbrucker Forscher wollen in den kommenden Jahren die Ursachen und Mechanismen, die zu den Unfällen führen, besser verstehen, und wirkungsvolle Präventivmaßnahmen entwickeln.