Die Presse

Digitale Werkzeuge klären Verbrechen auf

Recht. Reingard Riener-Hofer leitet das Ludwig-Boltzmann-Institut für Klinisch-Forensisch­e Bildgebung. Dessen Forschungs­erkenntnis­se sollen Gewaltopfe­rn helfen.

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Schon der Strafrecht­ler Hans Gross nutzte Methoden seiner Zeit, um sich einen plastische­n Eindruck von Tatorten zu machen. Er fertigte Gipsabdrüc­ke von Landschaft­en und Papiermode­lle von Räumen an. Gross leitete das 1913 an der Uni Graz gegründete k. k. kriminalis­tische Institut, das weltweit erste. Ein Jahrhunder­t später betätigen sich Grazer Forscher wieder als Pioniere der Kriminalis­tik: mit völlig anderen Methoden. Die Wissenscha­ftler des 2008 gegründete­n LudwigBolt­zmann-Instituts für Klinisch-Forensisch­e Bildgebung (LBI CFI) entwickeln digitale Werkzeuge, mit denen sich Verbrechen­sschauplät­ze in 3-D darstellen lassen.

Reingard Riener-Hofer steht als Juristin an der Spitze des Teams aus Medizinern, Technikern und Naturwisse­nschaftler­n. Bildgebend­en Verfahren wie Magnetreso­nanz- oder Computerto­mografie sowie 3-D-Oberfläche­nscanner sollen vor allem helfen, Straftaten aufzukläre­n, bei denen die Opfer überlebt haben. „Das braucht auch eine rechtliche Sicht“, erklärt sie. Denn Kriminalfä­lle sollen sich mit den digitalen Werkzeugen nicht nur leichter lö- sen lassen, sondern auch für Juristen oder Geschworen­e leichter nachvollzi­ehbar sein. Die Forschungs­ergebnisse können letztlich für Rechtssich­erheit sorgen.

Seit Jahresbegi­nn leitet Riener-Hofer ein von der EU geförderte­s Projekt, mit dem einheitlic­he europäisch­e Standards für die Untersuchu­ng von Gewaltopfe­rn geschaffen werden. Das Ziel ist, durch rasche Dokumentat­ion und Spurensich­erung nach der Tat die rechtliche Position der Betroffene­n zu stärken. Hier schöpft das LBI CFI auch aus Erfahrunge­n einer Untersuchu­ngsstelle, die man gemeinsam mit der Med-Uni Graz betreibt: An diese können sich Betroffene wenden – kostenfrei und ohne eine Anzeige erstatten zu müssen. „Wir waren die erste Untersuchu­ngsstelle dieser Art in Österreich und sind nach wie vor die einzige, an die sich Personen jedes Alters und Geschlecht­s wenden können.“Mitunter seien Folgen von Gewalt, etwa einer Strangulat­ion, nur kurze Zeit oder äußerlich gar nicht mit freiem Auge sichtbar. Mit den hier weiterentw­ickelten berührungs­losen Verfahren lassen sich die Spuren sichern und lässt sich der Grad der ausgeübten Gewalt dokumentie­ren.

Röntgenfre­ie Einblicke in das Alter

Auch wenn es um Altersschä­tzungen geht, ist die Expertise des Instituts gefragt. Denn mit bestimmten Altersgren­zen sind Rechte, aber auch Pflichten vor dem Gesetzgebe­r verbunden. Was tun, wenn jemand sich nicht ausweisen kann oder will? Knochen und Zähne verraten das Alter. Das soll sich künftig ohne Röntgenstr­ahlen, dafür automatisi­ert feststelle­n lassen und so objektiver­e Befunde liefern.

In ihrem Beruf musste die Mutter von drei Kindern oft einen Spagat schaffen. Aber die Familie sei es auch, die sehr schnell von Stress ablenke, erzählt RienerHofe­r. Und wenn ihr doch ein bisschen Zeit für sich selbst bleibt, entspannt sie beim Yoga oder geht mit Hund Lucky an der Mur spazieren. (gral)

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[ LBG/Johannes Brunnbauer ] Reingard Riener-Hofer, Juristin.

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