„Sind kein Land der Nörgler und Neider“
Kulturerbe. Bereits zum 14. Mal ist der ORF Partner der „Presse“bei der Austria-Gala. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz spricht im Interview über Leistung, Dank und das elektronische Gedächtnis. Der ORF zeigt die Gala am 26. 10.
Abgesehen von den bei der Austria-Gala Nominierten – wem würden Sie die Auszeichnung am liebsten in die Hand drücken? Alexander Wrabetz: Es ist eine bemerkenswerte Leistung, Meinungsverschiedenheiten friedlich zu lösen und fair miteinander umzugehen. Wer seinen Beitrag leistet, damit sich in der Gesellschaft alle möglichst wohl fühlen und miteinander auskommen, verdient unseren Dank.
Wie wichtig ist es in unserer Gesellschaft, Leistungen zu würdigen? Geschieht das oft genug? Es spielt eine große Rolle, ob eine Leistung gewürdigt oder missachtet wird. Ein Dankeschön, eine Anerkennung ist in mehr Fällen gerechtfertigt als es vorkommt – da muss auch ich mich ermahnen. Gesamtgesellschaftlich denke ich, dass in Österreich im Europavergleich überdurchschnittlich viele Unternehmen weltweite Marktführer auf ihrem Gebiet sind. Nur wenige davon sind bekannt. Ein Blick auf die guten Leistungen tut der Stimmung im Land wahrscheinlich sehr gut. Oft heißt es, Österreich sei ein Land der Nörg- ler und Neider. Ich sehe das nicht so. Es gibt zahlreiche Auszeichnungen für tolle Leistungen, die Austria-Gala zum Beispiel.
Warum ist ORF zum 14. Mal Partner der „Presse“bei der Gala? Weil Österreicher ausgezeichnet werden, die Außergewöhnliches bewirkt haben. Österreich und sei- ne Menschen stehen im Mittelpunkt unserer Programmaktivitäten, daher liegt es nahe. Wir zeigen die Aufzeichnung der Gala am 26. 10., 23.20 Uhr in ORF 2.
Sie werden den Preis in der Kategorie Kulturerbe überreichen. Was bedeutet Kulturerbe für Sie? Österreich präsentiert sich mit sei- nen Festivals, Sommertheatern, Museen, historischen Stätten erfolgreich als Kulturnation. Der ORF leistet einen großen Beitrag, um dieses Kulturerbe dem Publikum im In- und Ausland ins Bewusstsein zu rufen und es als elektronisches Gedächtnis zu erhalten. Vor allem im Bereich der klassischen Musik, des Barock und des Fin de Si`ecle hat das Land erstklassige Leistungen erbracht. Die Schätze der Nationalbibliothek zählen für mich ebenso zum Kulturerbe wie viele heimische Schauspieler, Sänger und Künstler.
Welche Kategorie fehlt? Ich fände eine Kategorie für ein friedliches, gutes Zusammenleben sinnvoll: für Menschlichkeit und Fairness im Umgang miteinander.
Hochkultur ist ein Nischenprogramm. ORF III ist auch kein Riese, gilt aber als Erfolg. Wie geht das, wo doch die Quote regiert? ORF III ist als Kulturspartensender zum richtigen Zeitpunkt entstanden. Und generell ist Erfolg mehr als Quote. Bei den klassischen Kernbereichen von ORF III – Kunst, Kultur, Wissenschaft, Bildung – wäre das die falsche Maßzahl. Das klassische ORF-III-Publikum ist nicht nur kunst- und kulturaffin, sondern dem Sender sehr treu. Bei ORF III hat Qualität Vorrang vor der Quote, vor allem im Bereich der Eigenproduktionen.
Oft sitzen Geigenvirtuosen in Vorstandsetagen und Primari entspannen sich mit Ölmalerei. Was ist Ihr künstlerisches Talent? Derzeit ist mir kein künstlerisches Talent bekannt, das taucht womöglich noch auf, eher aber nicht. Ich gebe mich jedenfalls regelmäßig der Musik zur Entspannung hin. Ich bin ein absoluter Opernfan. Mein Talent liegt darin, ein enthusiastischer Konsument zu sein.