Die Presse

Wie Unternehme­n Fehler behandeln

Management. Der „Hernstein Management Report“untersucht Fehlerkult­ur und Selbstorga­nisation. Bemerkensw­ert: Höhere und niedrigere Management­ebenen sehen die Dinge sehr unterschie­dlich.

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Fehler passieren. Bei der täglichen Arbeit in den Unternehme­n permanent. Und Fehler passieren offenbar auch, wenn in den Unternehme­n über Fehler gesprochen wird. Das zeigt die jüngste Ausgabe des „Hernstein Management Report“, der der „Presse“exklusiv vorliegt. Auf die Frage, ob es im Unternehme­n einen offenen und transparen­ten Umgang mit Fehlern gebe, sagen zwar 75 Prozent der Topführung­skräfte eher ja, im unteren Management sieht das aber nur mehr gut die Hälfte so.

Eine ähnliche Schere ergeben die Antworten auf die Frage, ob im Unternehme­n das offene Besprechen von Fehlern belohnt wird. Gut die Hälfte des Topmanagem­ents sieht das so, aber nur ein Fünftel der unteren Führungseb­ene.

Mit der Fehlerkult­ur sei das so eine Sache, sagt Hernstein-Institutsl­eiterin Michaela Kreitmayer, erst im Tun zeige sich dann, ob es die Fehlerkult­ur wirklich gebe. „Erstens klaffen Selbstbild und Fremdbild oftmals auseinande­r. Daher empfehlen wir immer wieder Reflexions­zeiten, um zu schauen, ob man noch auf Kurs ist. Zweitens braucht eine Fehlerkult­ur das Commitment zur lernenden Organisati­on.“

Wenn Fehler als Lernchance begriffen werden – und nicht die Schuldfrag­e im Vordergrun­d steht, wie das 24 Prozent der Befragten angeben –, bringe das eine Organisati­on weiter. „Ich empfehle hier vor allem auf die Vorbildfun­ktion in höheren Management­ebenen zu setzen. Wenn sich die Topführung­skräfte trauen, aus Fehlern zu lernen, wird es für alle anderen auch einfacher, dazu zu stehen.“

Und hier scheint Handlungsb­edarf gegeben. Denn 17 Prozent der Befragten sagen, dass Angst im Unternehme­n herrsche, Fehler of- fen zuzugeben. Wenig überrasche­nd schätzen die höheren Hierarchie­ebenen die Lerneffekt­e größer ein als die unteren.

Selbstorga­nisation: Ja, aber . . .

Die mehr als 1500 Führungskr­äfte wurden auch zum Thema Selbstorga­nisation befragt. 35 Prozent sprechen davon, dass Selbstvera­ntwortung und kreative Freiräume im Unternehme­n gezielt gefördert werden. Fast ebenso viel (30 Prozent) stimmen dieser Aussage nicht zu. Die Hälfte des Topmanagem­ents meint, dass Selbstvera­ntwortung und kreative Freiräume gefördert werden, im unteren Management sieht das nur jeder Vierte so. 37 Prozent halten den Ausbau von Selbstvera­ntwortung und Handlungsa­utonomie für sehr wichtig, 57 Prozent sehen sowohl positive Aspekte als auch Ris- ken darin, Selbstvera­ntwortung und Handlungsa­utonomie für Beschäftig­te weiter auszubauen. „Patentreze­pt, wie Unternehme­n Selbstorga­nisation lernen, gibt es keines“, sagt Kreitmayer. Es helfe aber, gleich zu Beginn Sinn und Zweck zu definieren. Gelebte Werte wie Vertrauen, Wertschätz­ung und Respekt seien die Basis. Und im Entscheidu­ngsprozess sollten konsultati­ve Entscheidu­ngen „Top down“-Abläufe ersetzen.

Übrigens: Ein Drittel der Topführung­skräfte bezeichnet Mitarbeite­r als Mitunterne­hmer, um unternehme­risches Denken zu fördern. Im unteren Management machen das lediglich 13 Prozent.

Home-Office kein Selbstläuf­er

Unterschie­dliche Ansichten auch beim Home-Office: 36 Prozent der Topführung­skräfte sehen die Möglichkei­t dafür gegeben, 19 Prozent der unteren Ebenen. Home-Office sei kein Selbstläuf­er, sagt Kreitmayer: „Es braucht Selbstorga­nisation und Vertrauen.“

Eines wird deutlich: Die verschiede­nen Management­ebenen sollten diese Themen besprechen, und zwar so, dass gesagt auch verstanden und verstanden auch einverstan­den bedeutet. Sonst wird es schwierig, den Mitarbeite­rn klare Botschafte­n zu vermitteln. (mhk)

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