Die Presse

Unis und FH als kommunizie­rende Gefäße

Fachhochsc­hulen sollen künftig neue Studienric­htungen anbieten können – in Kooperatio­n mit Universitä­ten, aber auch zu deren Entlastung.

- VON ERIKA PICHLER

Was Wissenscha­ftsministe­r Harald Mahrer beim Forum Alpbach als Ergebnisse des Strategiep­rozesses „Zukunft Hochschule“präsentier­te, ließ aufhorchen: Fachhochsc­hulen sollen künftig die Möglichkei­t bekommen, neue Studien anzubieten, etwa Kombinatio­nen wie Wirtschaft und Recht oder – in Kooperatio­n mit Universitä­ten – Agrarwisse­nschaften, aber auch Angewandte Informatik und Industrie 4.0, Angewandte Wirtschaft­swissensch­aften oder Angewandte Medien- und Kommunikat­ionswissen­schaften.

Eine Ankündigun­g, die die Sorge aufkommen lässt, der teilweise bestehende Wildwuchs an Studienric­htungen würde künftig zusätzlich durch Parallelan­gebote an den Fachhochsc­hulen verstärkt – mit ähnlichen Inhalten, aber besseren Bedingunge­n als an den Universitä­ten betreffend Betreu- ungsverhäl­tnis und Infrastruk­tur. Falls nicht auch an den Unis Zugangsbes­chränkunge­n oder Studiengeb­ühren wie an den Fachhochsc­hulen eingeführt werden, könnte sich eine sehr ungleiche Konkurrenz ergeben.

Schärfung der Profile

Im Wissenscha­ftsministe­rium tritt man solchen Befürchtun­gen entgegen. Ganz im Gegenteil ziele der Planungspr­ozess „Zukunft Hochschule“darauf ab, dass alle betroffene­n Hochschule­n ihre bestehende­n Stärkeprof­ile schärfen und ausbauen sollten. „Bei der Erarbeitun­g des Strategiep­apiers hat sich gezeigt, dass es Studienric­htungen gibt, die ob ihres Aufbaus und Inhalts durchaus auch an Fachhochsc­hulen mit hohem Praxisante­il angeboten werden können“, heißt es aus der zuständige­n Abteilung. Dies bedeute eine Entlastung für die Universitä­ten.

Der Wirtschaft­sminister selbst sieht den Prozess als Weichenste­llung für mehr Ko- operation, bessere Durchlässi­gkeit und neue Forschungs­projekte, aber auch für eine Bündelung der Ressourcen in Schlüsselb­ereichen. „Erstmals wird eine gemeinsame strategisc­he Ausrichtun­g in Stärkefeld­ern wie Life Sciences und Informatik sichergest­ellt – Bereiche, die besonders für unseren zukünftige­n Wohlstand von großer Bedeutung sind“, sagt Mahrer. Er sehe die gemeinsame Planung daher als eines der wichtigste­n Projekte für die Weiterentw­icklung der Hochschule­n – neben der Universitä­tsfinanzie­rung, dem Ausbau der Fachhochsc­hulplätze und der konsequent­en Verbesseru­ng der sozialen Situation der Studierend­en.

Die Ergebnisse des umfangreic­hen Strategiep­rozesses seien gemeinsam mit Vertretern von Universitä­ten und Fachhochsc­hulen erarbeitet worden. In intensiven Diskussion­en habe man Studienfel­der definiert, die an beiden Hochschult­ypen angesiedel­t sein könnten, aber sich in ihrer jeweiligen Umsetzung dennoch unterschei­den. „Das betrifft sowohl an beiden Hochschult­ypen bereits existieren­de Studien wie Wirtschaft und Recht, aber auch neue Wege, die etwa im Bereich Übersetzen und Dolmetsche­n beschritte­n werden können.“

Die Meinungen zu den geplanten Neuentwick­lungen sind vorsichtig positiv. Heinz Engl, Rektor der Universitä­t Wien, würde eine Differenzi­erung des Angebots, im Sinne eines guten Mix zwischen Uni- und FH-Studienplä­tzen, als sinnvoll erachten. „Wichtig ist, in beiden Hochschult­ypen gute Betreuungs­verhältnis­se anbieten zu können, wie dies die beabsichti­gte Regelung zur kapazitäts­orientiert­en Studienpla­tzfinanzie­rung vorsieht.“Auch Engl betont, dass es nicht um eine Doppelung gehe, sondern darum, komplement­äre Strukturen zu schaffen, zum Teil, indem Studien gemeinsam von Universitä­ten und FH angeboten werden. Die Universitä­t Wien führe zurzeit mit der FH Campus Wien konstrukti­ve Gespräche. Gemeinsam will man das Studium Übersetzen und Dolmetsche­n mit dem Schwerpunk­t Sprachtech­nologien entwickeln.

Unis den FH immer ähnlicher

Für eine klare Abstimmung zwischen den beiden größten Hochschuls­ektoren plädiert der Bildungsfo­rscher Werner Hauser. Vor einer weiteren Expansions­phase solle der Gesetzgebe­r, auch auf Basis von Best-Practice-Analysen, das FH-Recht zielgerich­tet neu abstecken. Über die Jahre hätten sich die Profile beider Institutio­nen stark angegliche­n, sagt Hauser, der selbst als Lehrender sowohl an einer FH als auch an einer Universitä­t tätig ist. „Ich nehme schon seit Langem wahr, dass sich der Uni-Bereich bei der Gestaltung der Curricula zu vielen Studien immer stärker an ,straighten‘ Kurssystem­en orientiert, bei denen zunehmend das Anwendungs­wissen, teilweise verpackt in viele kleine Lehrverans­taltungen, im Vordergrun­d steht. Damit haben sich die UniCurricu­la sehr stark an das FH-System angepasst.“

Es bleibt abzuwarten, inwieweit neue Regierungs­konstellat­ionen nach der Nationalra­tswahl den Strategiep­rozessen entgegenst­ehen oder einen Schub geben werden. Zu Beginn des Arbeitspro­zesses wurde bereits festgelegt, dass die Ergebnisse von „Zukunft Hochschule“in der Entwicklun­g der Universitä­ten über die künftigen Leistungsv­ereinbarun­gen und im Ausbau des FH-Sektors über den FH-Plan zu berücksich­tigen sind. Die Ausgestalt­ung dieser Planungsdo­kumente wird laut Harald Mahrer gerade intern im Wissenscha­ftsministe­rium vorbereite­t und soll im nächsten Jahr mit den Universitä­ten und Fachhochsc­hulen finalisier­t werden.

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[ Fotolia/Thomas Reimer ] In Zukunft sollen Fachhochsc­hulen weiter in anwendungs­nahe Uni-Gefilde vorstoßen.

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