Unis und FH als kommunizierende Gefäße
Fachhochschulen sollen künftig neue Studienrichtungen anbieten können – in Kooperation mit Universitäten, aber auch zu deren Entlastung.
Was Wissenschaftsminister Harald Mahrer beim Forum Alpbach als Ergebnisse des Strategieprozesses „Zukunft Hochschule“präsentierte, ließ aufhorchen: Fachhochschulen sollen künftig die Möglichkeit bekommen, neue Studien anzubieten, etwa Kombinationen wie Wirtschaft und Recht oder – in Kooperation mit Universitäten – Agrarwissenschaften, aber auch Angewandte Informatik und Industrie 4.0, Angewandte Wirtschaftswissenschaften oder Angewandte Medien- und Kommunikationswissenschaften.
Eine Ankündigung, die die Sorge aufkommen lässt, der teilweise bestehende Wildwuchs an Studienrichtungen würde künftig zusätzlich durch Parallelangebote an den Fachhochschulen verstärkt – mit ähnlichen Inhalten, aber besseren Bedingungen als an den Universitäten betreffend Betreu- ungsverhältnis und Infrastruktur. Falls nicht auch an den Unis Zugangsbeschränkungen oder Studiengebühren wie an den Fachhochschulen eingeführt werden, könnte sich eine sehr ungleiche Konkurrenz ergeben.
Schärfung der Profile
Im Wissenschaftsministerium tritt man solchen Befürchtungen entgegen. Ganz im Gegenteil ziele der Planungsprozess „Zukunft Hochschule“darauf ab, dass alle betroffenen Hochschulen ihre bestehenden Stärkeprofile schärfen und ausbauen sollten. „Bei der Erarbeitung des Strategiepapiers hat sich gezeigt, dass es Studienrichtungen gibt, die ob ihres Aufbaus und Inhalts durchaus auch an Fachhochschulen mit hohem Praxisanteil angeboten werden können“, heißt es aus der zuständigen Abteilung. Dies bedeute eine Entlastung für die Universitäten.
Der Wirtschaftsminister selbst sieht den Prozess als Weichenstellung für mehr Ko- operation, bessere Durchlässigkeit und neue Forschungsprojekte, aber auch für eine Bündelung der Ressourcen in Schlüsselbereichen. „Erstmals wird eine gemeinsame strategische Ausrichtung in Stärkefeldern wie Life Sciences und Informatik sichergestellt – Bereiche, die besonders für unseren zukünftigen Wohlstand von großer Bedeutung sind“, sagt Mahrer. Er sehe die gemeinsame Planung daher als eines der wichtigsten Projekte für die Weiterentwicklung der Hochschulen – neben der Universitätsfinanzierung, dem Ausbau der Fachhochschulplätze und der konsequenten Verbesserung der sozialen Situation der Studierenden.
Die Ergebnisse des umfangreichen Strategieprozesses seien gemeinsam mit Vertretern von Universitäten und Fachhochschulen erarbeitet worden. In intensiven Diskussionen habe man Studienfelder definiert, die an beiden Hochschultypen angesiedelt sein könnten, aber sich in ihrer jeweiligen Umsetzung dennoch unterscheiden. „Das betrifft sowohl an beiden Hochschultypen bereits existierende Studien wie Wirtschaft und Recht, aber auch neue Wege, die etwa im Bereich Übersetzen und Dolmetschen beschritten werden können.“
Die Meinungen zu den geplanten Neuentwicklungen sind vorsichtig positiv. Heinz Engl, Rektor der Universität Wien, würde eine Differenzierung des Angebots, im Sinne eines guten Mix zwischen Uni- und FH-Studienplätzen, als sinnvoll erachten. „Wichtig ist, in beiden Hochschultypen gute Betreuungsverhältnisse anbieten zu können, wie dies die beabsichtigte Regelung zur kapazitätsorientierten Studienplatzfinanzierung vorsieht.“Auch Engl betont, dass es nicht um eine Doppelung gehe, sondern darum, komplementäre Strukturen zu schaffen, zum Teil, indem Studien gemeinsam von Universitäten und FH angeboten werden. Die Universität Wien führe zurzeit mit der FH Campus Wien konstruktive Gespräche. Gemeinsam will man das Studium Übersetzen und Dolmetschen mit dem Schwerpunkt Sprachtechnologien entwickeln.
Unis den FH immer ähnlicher
Für eine klare Abstimmung zwischen den beiden größten Hochschulsektoren plädiert der Bildungsforscher Werner Hauser. Vor einer weiteren Expansionsphase solle der Gesetzgeber, auch auf Basis von Best-Practice-Analysen, das FH-Recht zielgerichtet neu abstecken. Über die Jahre hätten sich die Profile beider Institutionen stark angeglichen, sagt Hauser, der selbst als Lehrender sowohl an einer FH als auch an einer Universität tätig ist. „Ich nehme schon seit Langem wahr, dass sich der Uni-Bereich bei der Gestaltung der Curricula zu vielen Studien immer stärker an ,straighten‘ Kurssystemen orientiert, bei denen zunehmend das Anwendungswissen, teilweise verpackt in viele kleine Lehrveranstaltungen, im Vordergrund steht. Damit haben sich die UniCurricula sehr stark an das FH-System angepasst.“
Es bleibt abzuwarten, inwieweit neue Regierungskonstellationen nach der Nationalratswahl den Strategieprozessen entgegenstehen oder einen Schub geben werden. Zu Beginn des Arbeitsprozesses wurde bereits festgelegt, dass die Ergebnisse von „Zukunft Hochschule“in der Entwicklung der Universitäten über die künftigen Leistungsvereinbarungen und im Ausbau des FH-Sektors über den FH-Plan zu berücksichtigen sind. Die Ausgestaltung dieser Planungsdokumente wird laut Harald Mahrer gerade intern im Wissenschaftsministerium vorbereitet und soll im nächsten Jahr mit den Universitäten und Fachhochschulen finalisiert werden.