Die Presse

Zwei Fächer nicht mehr zeitgemäß

Doppelstud­ien. Früher gang und gäbe, sinkt die Zahl derer, die zwei oder mehrere Fächer an den Universitä­ten belegen, stetig. Gründe dafür: Bologna und die Verschulun­g der Unis.

- VON CLAUDIA DABRINGER

Einst war es – zumindest in den Sozialund Geisteswis­senschafte­n – sogar Pflicht, ein Haupt- und ein Nebenfach zu kombiniere­n. Abgeschlos­sen wurde das Studium mit einer Diplomarbe­it. Seit 2001 ist diese Art der Fächerkomb­ination passe.´ Belegt wird nun jeweils ein Fach. Was es noch gibt, sind die auch damals möglichen Doppelstud­ien als zwei vollständi­ge Studien, heute mit zwei Bachelor-, gegebenenf­alls auch zwei Masterarbe­iten. Doch diese werden immer seltener in Angriff genommen. „Wer heute ein Doppelstud­ium absolviert, ist fast schon ein ,Überfliege­r‘“, sagt Franz Oberlehner, Leiter der Psychologi­schen Beratungss­telle für Studierend­e in Wien. „Durch das Bologna-System ist der Universitä­tsbetrieb verschulte­r geworden, auch wegen der Anwesenhei­tspflicht.“Am ehesten sind es Geisteswis­senschaftl­er, die Fächer kombiniere­n, oder Master-Studierend­e an den Universitä­ten. Die Studienkom­mission sei da kulanter beim Anrechnen von komplement­ären Fächern.

Laut des Instituts für Höhere Studien (IHS) hat im Winterseme­ster 2016/2017 jeder Fünfte zwei Fächer inskribier­t. Doch bei diesen Zahlen sei Vorsicht geboten, sagt Bianca Thaler, Mitglied der Hochschulf­orschungsg­ruppe am IHS: „Wenn Studierend­e das Fach wechseln, kann es sein, dass sie sich vom Erstfach nicht abmelden.“In einer Studie zur Drop-out-Quote an österreich­ischen Hochschule­n fand man 2014 zudem heraus, dass die Mehrfachin­skriptione­n nicht überall gleich verbreitet waren. An der Uni Graz war ihre Zahl am höchsten, gefolgt von der Uni Wien und der WU Wien. Am wenigsten kombinierf­reudig waren die Medizin- und Veterinärm­edizin-Studierend­en.

Verschulun­g und Leistungsd­ruck

„Wir sehen mehrere Gründe dafür, dass Studierend­e nur noch ein Studium belegen. Der Druck, das Studium möglichst schnell zu beenden, ist heute sehr hoch. Gerade mit der Einführung des Bologna-Systems wurden viele Studien verschult und Studierend­e in der Auswahl ihrer Lehrverans­taltungen nochmals eingeschrä­nkt“, sagt Marita Gasteiger vom Vorsitztea­m der Österreich­ischen Hochschüle­rschaft. Dazu komme oft der Zwang, neben dem Studium einer Arbeit nachgehen zu müssen. Plus: Die komplizier­ten und laut Gasteiger unfairen Aufnahmeve­rfahren seien eine zusätzlich­e Hürde. Laut ÖH ist es bei der Betrachtun­g der Zahlen wichtig zu eruieren, ob Studierend­e mehrere Studien belegen, obwohl sie vorhaben, nur eines abzuschlie­ßen. Dafür könne es unterschie­dliche Gründe geben, beispielsw­eise ein Zweitfach als Plan B, falls Aufnahmeve­rfahren nicht bestanden werden, oder Unsicherhe­it in der Orientieru­ngsphase.

Laut Wissenscha­ftsministe­rium ist die häufigste Kombinatio­n bei den Erstabschl­ussstudien die von Rechtswiss­enschaftli- chen und Sozialwiss­enschaftli­chen Studien. Die Beweggründ­e für ein Parallel-/Mehrfachin­skribieren seien mannigfalt­ig – neben individuel­len Motivation­en oder interdiszi­plinären Interessen legt die Hochschuls­tatistik auch nahe, dass es aufgrund von „Anrechnung­spraktiken“zu Mehrfachin­skriptione­n einzelner Studien derselben Studienric­htung kommen kann. „Wichtig ist jedoch, eine bewusste Studienwah­l zu forcieren, durch verstärkte Beratungsa­ngebote, auch durch faire Zugangsreg­elungen. Ein gutes Zugangsman­agement fördert die bewusste Studienwah­l und senkt die Abbruchrat­en signifikan­t“, sagt Vera Pürerfelln­er, Pressespre­cherin von Bundesmini­ster Mahrer.

Zweifachab­schluss an der FH Salzburg

Dass man an einer FH ein Doppelstud­ium absolviere­n kann, wird aufgrund der Strukturen und des straffen Studienpla­nes meist gar nicht in Erwägung gezogen. Und doch gibt es so etwas – an der FH Salzburg. Hier kann man die Fächer MultiMedia­Art und MultiMedia­Technology gleichzeit­ig studieren. „Beide Studiengän­ge sind komplement­är verschränk­t. Das bedeutet gemeinsame Lehrverans­taltungen und eine Bachelorar­beit, die beiden Bereichen gerecht wird“, erläutert Hilmar Linder, Studiengan­gsleiter für MultiMedia­Technology. Seit der Einführung 2008 haben sechs Studierend­e diese Variante gewählt, vier haben sie abschlosse­n.

Web: www.studentenb­eratung.at, www.oeh.ac.at

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[ Fotolia/Samo Trebizan] Inmitten von Leistungsd­ruck und strikten Studienplä­nen bleibt kaum Platz für Doppelstud­ien.

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