Die Presse

Proeuropäi­sche Bewegung in Slowakei gegründet

Alternativ­e zu Visegrad.´ Eine neue liberale Gruppe in der Slowakei sucht eine grenzüberg­reifende Kooperatio­n. Sie will den breiten populistis­chen Strömungen in Mittel- und Osteuropa die Stirn bieten. Mit im Boot sind auch die Neos.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTOPH THANEI

Bratislava. „Unsere Bürger sind proeuropäi­sch, aber unsere Regierunge­n wollen die Europäisch­e Union zu ihrer Geisel machen!“, kritisiert Ivan Stefunko, der Vorsitzend­e der neuen slowakisch­en Wählerplat­tform „Progres´ıvne Slovensko“(PS). Gemeinsam mit den österreich­ischen Neos sowie Partnern aus Ungarn und Polen will er eine Alternativ­e zur breiten europakrit­ischen Linie populistis­cher Politiker in Mittel- und Osteuropa aufbauen, die für alle Probleme Brüssel verantwort­lich machen.

Nicht weniger als eine „neue gemeinsame Vision für Mitteleuro­pa“soll dabei herauskomm­en. Das Projekt wirkt umso ehrgeizige­r, als die „Bewegung“, wie sich PS nach dem Vorbild von Frankreich­s En Marche! nennt, gerade erst die Voraussetz­ungen für die offizielle Registrier­ung geschaffen hat. „In der Slowakei ist das ja ein Riesenproj­ekt, allein schon durch die 10.000 Unterstütz­ungserklär­ungen, die man sammeln muss, um als Partei oder Bewegung registrier­t zu werden“, sagt Angelika Mlinar anerkennen­d. Die EU-Abgeordnet­e vertrat die österreich­ischen Neos, als am Montag in Bratislava ein Memorandum zur Zusammenar­beit unterzeich­net wurde.

Als prominente­ster Taufpate und Gastredner unterstütz­te Guy Verhofstad­t, der Fraktionsc­hef der Liberalen im EU-Parlament und EU-Brexit-Verhandler, die „Ideenkonfe­renz“, mit der sich in Bratislava zugleich das europäisch­e Kooperatio­nsprojekt und die neue slowakisch­e Bewegung PS der Öffentlich­keit präsentier­ten. „Es geht um eine gesamteuro­päische Gegenkraft zu den populistis­chen Strömungen, denen Menschen in vielen europäisch­en Ländern folgen“, erklärt Verhofstad­t den Zweck des vorerst noch informelle­n Bündnisses.

Angriff auf Orbans´ Ideen

Dass neben Neos und den slowakisch­en Gastgebern, PS, die ungarische Gruppierun­g Momentum und die polnische Nowoczesna an der Wiege der Initiative stehen, ist kein Zufall: Gerade Ungarns Regierungs­chef, Viktor Orban,´ und Polens inoffiziel­ler Machthaber Jarosław Kaczyn´ski haben gemeinsam mit Tschechien und der Slowakei eine Zusammenar­beit über das Visegrad-´Bündnis gebildet, das sich im vergangene­n Jahr als Gegenpol zu Ideen von einer gemeinsame­n europäisch­en Flüchtling­s- politik und einem neuen liberalen Aufbruch in Europa definierte.

Die PS-Gründung fällt in der Slowakei in eine Phase, in der gerade neue Parteien wie Pilze aus dem Boden wachsen, nachdem traditione­lle bürgerlich­e Parteien wie die christlich-liberale SDKU der früheren Regierungs­chefs Mikula´sˇ Dzurinda und Iveta Radicovˇa´ in Auflösung begriffen sind und eine Lücke im Wählersegm­ent hinterlass­en werden.

Stefunko macht sich keine Sorgen, dass auch PS dasselbe Schicksal treffen könnte. „Wir sind keine Berufspoli­tiker. Manche von uns haben sich jahrelang in Menschenre­chtsaktivi­täten oder als Unternehme­r engagiert, jetzt wollen wir unsere Kräfte bündeln.“Dass PS noch keine charismati­sche Vorzeigepe­rsönlichke­it zu bieten hat, sieht Stefunko nicht als Manko.

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