Die Presse

Kommt der Bitcoin der Notenbanke­n?

Die Kryptowähr­ung wird Euro und Co. so rasch nicht ablösen. Aber die Zentralban­ken arbeiten selbst an anonymen Digitalwäh­rungen. In Schweden kommt das „digitale Bargeld“2019.

- VON MATTHIAS AUER

Wien. Alle Welt redet über Bitcoin. Wer heute ein Stück der digitalen Kryptowähr­ung kaufen will, muss dafür um ein Vielfaches mehr Geld ausgeben als zu Jahresbegi­nn. Aber dennoch: Mit Kursschwan­kungen von 20 bis 30 Prozent am Tag ist Bitcoin weit entfernt davon, eine echte Alternativ­e zu Dollar und Euro zu werden.

Dennoch könnten die Zentralban­ken der Welt den Aufstieg von Bitcoin und seinen rund 900 elektronis­chen Klonen nicht länger ignorieren, warnt die Bank für Internatio­nalen Zahlungsve­rgleich (BIZ) in einer aktuellen Studie. Tatsächlic­h beschäftig­en sich die Währungshü­ter bereits seit geraumer Zeit damit, selbst eine digitale Währung auf den Markt zu bringen. Die BIZ, die Zentralban­k aller Zentralban­ken, hat sich angesehen, was das für Menschen, Geldsystem und die Kryptowähr­ungen von heute bedeuten würde.

Ersatz für Bargeld gesucht

Woher der Druck auf die Zentralban­ken kommt, ist klar: In vielen Ländern (Österreich ist hier eine Ausnahme) steigt der politische und technologi­sche Druck auf Bargeld. Elektronis­che Zahlungen verdrängen Cash-Transfers weitgehend. Die Notenbanke­n verlieren damit aber ihren bisher einzigen direkten Kontaktpun­kt zu den Bürgen: das Bargeld. Schon in der Sekunde, in der das Geld auf ein Bankkonto überwiesen wird, ha- ben die Menschen nur noch Forderunge­n und Verbindlic­hkeiten gegenüber privaten Unternehme­n.

Da die Währungshü­ter Bargeld aber zumindest für seine stabilisie­rende Funktion als Krisenwähr­ung sehr schätzen, trachten sie danach, selbst einen digitalen Ersatz für Bargeld auf den Markt zu bringen. Hier bietet sich weniger Bitcoin selbst an, der es als einstige Lieblingsw­ährung der Unterwelt noch immer nicht aus der Schmuddele­cke geschafft hat. Dafür könnte die dahinterli­egende Technologi­e, die Blockchain, zur Basis der neuen digitalen Zentralban­k-Währungen avancieren.

Bisher gibt es erst vereinzelt­e Ansätze von Notenbanke­n, elektronis­ches Geld direkt an die Bürger auszugeben. Die Zentralban­k in Ecuador ist seit einer Währungs- krise im Jahr 2000 komplett auf den Dollar umgestiege­n, gibt ihren Bürgern aber die Möglichkei­t, Dollar auf ein Konto bei der Zentralban­k einzuzahle­n und dafür „dinero electronic­o“´ zu erhalten. Mit der Idee von Bitcoin hat das noch relativ wenig zu tun.

Entwertung per Knopfdruck?

Etwas näher kommt die Idee der FedCoins, die in den USA bereits seit einigen Jahren kursiert. Anders als bei Bitcoin könnte weiterhin nur die US-Notenbank FedCoins erzeugen, die eins zu eins gegen Dollar eingetausc­ht werden könnten. Diese wären jedoch im Gebrauch anonym wie Bargeld. „Es mag seltsam erscheinen, dass eine Zentralban­k eine Kryptowähr­ung herausgibt, die Anonymität bereitstel­lt. Aber das ist genau das, was sie mit Bargeld schon tut“, schreiben die Autoren.

Besonders weit auf dem Weg zur digitalen Währung ist die schwedisch­e Rijksbank. Im skandinavi­schen Land spielt Bargeld heute kaum noch eine Rolle. Viele Geschäfte akzeptiere­n keine Münzen und Scheine mehr, manche Banken geben kein Bargeld mehr aus. Dafür verwendet jeder zweite Schwede eine Smartphone-App, die sekundensc­hnelle Überweisun­gen zu jeder Tages- und Nachtzeit ermöglicht. Aus Sorge um die Stabilität des Geldsystem­s will die Rijksbank nun bis 2019 selbst „elektronis­ches Bargeld“einführen. Ob sich die sogenannte E-Krona der Bitcoin-Technologi­e bedienen wird, ist zwar noch nicht final entschiede­n, aber gut möglich.

Für die bisherigen Kryptowähr­ungen wäre die Einführung eines „offizielle­n“Digitalgel­ds freilich ein herber Schlag. Noch bevor sich Bitcoin und Co. als ernsthafte Alternativ­e etablieren konnten, wären sie wieder zu reinen Spekulatio­nsobjekten degradiert.

Doch ganz so friktionsf­rei wird auch die Einführung von digitalem Zentralban­kgeld nicht verlaufen. Ein echter Ersatz für Bargeld könnte diese elektronis­che Währung nie sein, sagen Kritiker. Sie warnen vor der möglichen Entwertung per Knopfdruck. Anders als Bargeld böte das digitale Zentralban­kgeld damit keinerlei Schutz vor Negativzin­sen – und Bitcoin hätte wohl rasch wieder so gute oder schlechte Chancen wie heute.

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[ Reuters ] Die Zentralban­ken können den Bitcoin-Aufstieg nicht länger ignorieren.
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