Die Presse

Schon mehr als 220 Tote nach Beben

Mexiko. Die Opferzahl des Erdbebens vom Dienstag im Großraum der Hauptstadt ist noch unübersehb­ar. Viele Wohnblöcke sind kollabiert.

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Mexiko-Stadt. Es ist eine Vorstellun­g der ganz schrecklic­hen Art: Eine Gruppe Menschen steht in einer Kirche aus dem 16. Jahrhunder­t, jemand, vielleicht die Mutter, trägt ein weiß gekleidete­s Baby. Es soll getauft werden. Doch da beginnt die Kirche zu schwanken, im Untergrund kracht es, Teile des Daches stürzen ein. Das Kind wird im Haus Gottes erschlagen, dazu die Mutter, die Taufpaten und deren Kinder. Insgesamt mindestens acht Menschen aus der Taufgesell­schaft.

Die Kirche stand im zentralmex­ikanischen Städtchen Atzala, etwa 115 Kilometer südöstlich von Mexiko-Stadt. Jenes Beben der Magnitude 7,1, das am Dienstag zu Mittag um 13.15 Uhr (20.15 Uhr MESZ) die Region erschütter­te, hatte sein Epizentrum ein Dutzend Kilometer weiter östlich, nahe Izucar´ de Matamoros im Bundesstaa­t Puebla. Und so waren die Opfer in der Kirche nicht die einzigen, die Zahlen gingen auseinande­r, bis Mittwochab­end war die Rede von mindestens 220 Toten und Hunderten von Verletzten in sieben Bundesstaa­ten inklusive des Hauptstadt­distrikts.

Dutzende tote Kinder in Schule

Das Beben war eines von mindestens 45, die an diesem Tag sowie gestern, Mittwoch, weltweit gezählt wurden. In Mexiko-Stadt sowie anderswo stürzten Hunderte Gebäude ein, darunter Wohnblöcke, Supermärkt­e und mindestens eine Schule und eine Fabrik. Brände brachen aus, die Stromverso­rgung brach in großen Teilen des Landes zusammen. Der Hauptstadt­flughafen stellte den Betrieb vorübergeh­end ein, ebenso die Fa- briken der Autobauer Audi und Volkswagen in Puebla.

Aus den Trümmern der Enrique-Rebsamen-Schule in der Hauptstadt wurden mindestens 37 Tote, darunter 32 Kinder, geborgen; es hieß, es seien noch 30 bis 40 Menschen vermisst. Zeitgleich mit dem Beben gab es am Vulkan Popocatepe­tl´ eine Eruption. An einem Hang stürzte eine Kirche ein, als eine Messe gelesen wurde. 15 Menschen seien gestorben.

Das Beben fand rund zwei Wochen nach einem heftigen Erdstoß statt, der fast 100 Todesopfer gefordert hatte. Unheimlich­erweise war das Datum des jetzigen Bebens – 19. September – ident mit jenem von 1985, als durch ein Beben der Stärke 8 in Mittelmexi­ko wohl 30.000 bis 45.000 Menschen starben. Geborgen hat man nur etwa 5000 Leichen, vielfach mehr Menschen sind seither vermisst.

Laut Berechnung­en der USErdbeben­warte USGS könnte das jetzige Beben mit einer 46-prozen- tigen Wahrschein­lichkeit mehr als 1000 Tote gefordert haben. An den Rettungsar­beiten nehmen neben Feuerwehr, Zivilschut­z, Armee, Marine und Polizei auch zahllose Freiwillig­e teil, oft wird mit bloßen Händen gearbeitet.

Österreich­er wohl verschont

Laut dem Außenminis­terium in Wien dürften unter den Opfern keine Österreich­er sein. Etwa 3200 Auslandsös­terreicher leben in Mexiko, etwa 500 Touristen aus Österreich haben sich bei der dortigen Botschaft registrier­en lassen.

Weite Küstenstre­ifen der USA, Kanadas und Südamerika­s, Teile Mexikos und ganz Mittelamer­ika sind tektonisch mehr oder weniger aktive Zonen, da sie im Kollisions­bereich mehrerer Kontinenta­lplatten sind. Im Westen vor Mexiko prallen die riesige Pazifische Platte und, als Splitter an ihrer Vorderfron­t, die Cocos-Platte auf die Nordamerik­anische Platte, wobei sie sich unter sie schieben. (red.)

 ?? [ AFP ] ?? Suche nach Opfern und Überlebend­en in einem von vielen eingestürz­ten Wohnhäuser­n in Mexiko-Stadt.
[ AFP ] Suche nach Opfern und Überlebend­en in einem von vielen eingestürz­ten Wohnhäuser­n in Mexiko-Stadt.

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