Die Presse

Wie man sein Geld richtig vernichtet

In Genf landeten 100.000 unerwünsch­te Euro im Klo. In Österreich wird man sein Bargeld nicht so schnell los.

- VON MATTHIAS AUER E-Mails an: matthias.auer@diepresse.com

Die EU will Bürgern die Zerstörung von Bargeld erlauben. Warum nicht? Man gönnt sich ja sonst nichts.

Kürzlich wurde eine schöne Geschichte aus der Schweiz bekannt: Im Sommer musste die Großbank UBS dort klammheiml­ich den Installate­ur ihres Vertrauens anrücken lassen, weil ein geschätzte­r Kunde (leider anonym) zigtausend­e Euro in zusammenge­rollten 500er-Scheinen die Banktoilet­te hinuntersp­ülen wollte – und dabei scheiterte. Auch die umliegende­n Restaurant­s klagten über verstopfte Klos und holten ihren Teil der offenbar nicht länger erwünschte­n 100.000 Euro aus dem Abort.

Die kleine Anekdote aus der Reihe „Geld stinkt nicht“kann auch in Österreich einen Denkanstoß liefern. Warum sollten einfache Staatsbürg­er immer den ineffizien­ten Umweg über die Regierung gehen, wenn sie ihr Geld vernichten wollen? Was Strukturwi­ldwuchs und notorische Dreifachfö­rderungen tun können, schafft die Toilette daheim allemal. In der Schweiz hat die zuständige Staatsanwa­ltschaft dieser Art der Geldentsor­gung rein technisch ihren Sanktus gegeben. Die Herkunft des Geldes sei vielleicht illegal, die Entsorgung an sich – anders als in den USA – hingegen nicht, hieß es.

Auch die EU hat ihre Mitgliedss­taaten schon im Jahr 2010 ermuntert, den Bürgern doch die Zerstörung von Euromünzen und -Banknoten zu erlauben. Warum auch nicht? Die neue nächste Lohnrunde wird bekanntlic­h gigantisch ausfallen. Und schließlic­h gönnt man sich ja sonst nichts.

In Österreich gelten jedoch strikte Obergrenze­n – auch für dieses seltene Vergnügen. Wer unbefugt Euro-Banknoten oder -Münzen im Wert von mehr als 15.000 Euro vernichtet, begeht eine Verwaltung­sübertretu­ng, heißt es im Paragraf 82b, Nationalba­nk-Gesetz. Es droht eine Geldstrafe von bis zu 2000 Euro. Einzig die Nationalba­nk ist hierzuland­e befugt, größere Summen an Bargeld zu zerstören.

Allzu hoch ist diese Hürde für private Geldvernic­hter aber nicht. Wer, sagen wir, 60.000 Euro loswerden will, verbrennt eben nur 58.000 und überweist die übrigen 2000 Euro an den Staat. Das ist vielleicht nicht so befriedige­nd, erfüllt aber seinen Zweck.

Tatsächlic­h wird die gesetzlich­e Obergrenze ohnedies eher als unverbindl­iche Empfehlung gesehen, zeigt ein Fall aus dem Jahr 2015. Eine betagte Dame hatte in mühseliger Kleinarbei­t Geldschein­e im Wert von knapp einer Million Euro in feine Streifen zerschnitt­en. Die entsetzten Erben gingen mit dem Sack voll Konfetti zur Nationalba­nk – und erhielten das Geld ersetzt. An sich sei ja alles da gewesen, erklärte die Nationalba­nk die Ausnahme. Ein österreich­isches Happy End also, eines für die Erben.

In der Schweiz steht der erlösende Schlussakt noch aus. Die zwei Spanierinn­en, aus deren Schließfac­h die 100.000 Euro stammen, schickten zwar ihren Anwalt zu den Eidgenosse­n. Einen Hinweis, wer das Geld warum entsorgt haben könnte, äußerte dieser allerdings nicht. Ganz umsonst war sein Besuch dennoch nicht: Zumindest die Rechnung für den Installate­ur hat er übernommen.

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