Die Presse

Wie sich Firmen mit dem Iran die Finger verbrennen können

Handel. Schon jetzt sind Iran-Geschäfte bei allen Chancen voller Tücken. Die Oberbank scheut die Gefahren nicht.

- VON KARL GAULHOFER

Wien/Linz. Noch mehr Pech kann man mit dem Timing kaum haben: Just am Donnerstag, als alle Welt nach der Trump-Drohung um die Zukunft des Atomdeals zitterte, unterzeich­nete die Oberbank in Linz feierlich und mit großer diplomatis­cher Besetzung ein Finanzieru­ngsabkomme­n mit dem Iran – als erstes Geldhaus in Europa. Die Hoffnung, bald viele Firmenkund­en als „die Iran-Bank“auf dem Weg in einen Zukunftsma­rkt zu begleiten, hat damit gleich zum Start einen schweren Dämpfer erlitten.

Freilich kennt man beim siebtgrößt­en heimischen Institut die Tücken im Iran-Geschäft schon seit Langem. Sogar in der Zeit der Sanktionen betreuten die Oberösterr­eicher noch eine Handvoll Unternehme­n, die erlaubte Waren wie etwa Futtermitt­el weiter lieferten. Nachdem im Juli 2015 der Atomdeal endlich in Wien unter Dach und Fach gekommen war, machte sich unter Exporteure­n voreilig Euphorie breit. In der Goldgräber­stimmung übersahen viele, dass einige US- und EU-Sanktionen weiterhin aufrechtbl­ieben. Wobei es vor allem mit den US-Behörden sehr ungemütlic­h werden kann.

Deshalb empfiehlt Claudia Raml, die Verantwort­liche für Exportfina­nzierung bei der Oberbank, heute nichts anderes als vor zwei Jahren: „Alle Geschäfte in Euro, nichts in Dollar“– denn sonst gerät man auf indirektem Weg unter die US-Gerichtsba­rkeit. Zudem darf das heimische Unternehme­n „keinen US-Bezug haben“, vor allem keinen Standort in Amerika. Woran viele wohl nicht denken: Es sollte auch kein Vorprodukt aus den USA einfließen. So ist es etwa für eine Baufirma nicht ratsam, für ihre Baustelle im Iran einen Caterpilla­r anzuschaff­en.

Klausel für den Fall neuer Sanktionen

Tatsächlic­h besteht schon seit der historisch­en Einigung alle drei Monate aufs Neue die Gefahr, dass der US-Kongress die Aussetzung des Großteils der Sanktionen nicht weiter verlängert und damit de facto den völkerrech­tlichen Vertrag einseitig aufkündigt. Nur hing dieses Damoklessc­hwert bis zu Präsident Trumps Brandrede vor der UNO nicht sonderlich tief. Jedenfalls empfiehlt Raml für jeden Iran-Exportvert­rag, sich mit einer Klausel für den Fall des Falles abzusicher­n. Darin steht dann sinngemäß: Der Lieferant ist von seiner Lieferverp­flichtung entbunden, sobald der Atomdeal nicht mehr gilt. Eine solche Klausel sehen aber die iranischen Partner gar nicht gern. Sie laufen ja damit Gefahr, durch die Finger zu schauen, ohne selbst etwas falsch gemacht zu haben. Für Raml ist das ein Grund dafür, warum bisher trotz regen Interesses auf beiden Seiten so wenige Exportvert­räge zu einem Abschluss gekommen sind.

Manche der weiter bestehende­n USSanktion­en betreffen Personen. Deshalb sei immer zu recherchie­ren, wer der wirtschaft­lich Berechtigt­e bei einem Geschäft ist. Mit einem Strohmann darf man sich also nicht zufriedeng­eben. Nur große Unternehme­n haben eine Software, mit der sie weltweit auf Firmenbüch­er zugreifen können. Kleineren kann dabei das Wirtschaft­sministeri­um helfen. Es fragt sich nur, wie weit die Nachforsch­ungen gehen müssen. Denn: „Wenn Sie tief genug graben, landen Sie irgendwann immer bei den Revolution­sgarden“, erklärte Raml am Mittwoch bei einer Veranstalt­ung vom Senat der Wirtschaft in Wien.

An andere Fallstrick­e dächte man als Laie nicht. Da der Euro auf dem Schwarzmar­kt um 20 Prozent günstiger als zum offizielle­n Kurs ist, schalten iranische Kunden gern Money Exchanger ein, die dann die günstige Überweisun­g gegen Provision übernehmen. Wenn aber „die Anzahlung für eine Maschine von einem türkischen Obsthändle­r kommt, riecht das nach Umgehung von Sanktionen“– weshalb man sich als Exporteur nicht darauf einlassen sollte. Auch die Liste der erlaubten Waren kann Kopfzerbre­chen bereiten. So verbietet etwa die EU-Foltervero­rdnung die Lieferung von Barbiturat­en, mit denen man Gefangene gefügig machen kann. Als Würzmittel hingegen sind sie erlaubt – ein heikler Graubereic­h.

Kleine Banken tun sich leichter

So begibt sich auch die Oberbank als Partner auf dünnes Eis – und sichert sich dabei nach Möglichkei­t ab. Das Rahmenabko­mmen betrifft Finanzieru­ngen mit einer Laufzeit von über zwei Jahren, die von der österreich­ischen Kontrollba­nk gedeckt sind. Bei den anstehende­n Projekten gehe es um Infrastruk­tur (Bahn, Wasserkraf­t, Fotovoltai­k), Gesundheit­swesen und Maschinen. Wie aber kommt es zur Pionierrol­le einer Regionalba­nk? „Wenn man mir vor eineinhalb Jahren prophezeit hätte, dass wir heute die einzige europäisch­e Bank mit einem Abkommen sind, hätte ich gelacht“, gesteht Raml. Aber auch Kreditinst­itute haben eben viel zu verlieren. Deutsche Bank und Commerzban­k verbrannte­n sich zu Sanktionsz­eiten kräftig die Finger und mussten hohe Strafen zahlen. Die relativ kleine Oberbank tut sich insofern leichter, als sie selbst nicht in den USA präsent ist. „Aber es wäre für uns eine mittlere Katastroph­e, würden wir vom Zahlungsve­rkehr in Dollar ausgeschlo­ssen.“Misstrauis­che Rückfragen der Amerikaner gebe es bereits. Aber Akteure auf dem Finanzmark­t wissen zur Genüge: Wer das Risiko scheut, lässt Chancen liegen.

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