Die Presse

Populismus zerstört nachhaltig­e Politik

Studie. Eine Studie der Bertelsman­n-Stiftung warnt vor zunehmende­r Unfähigkei­t von Ländern wie Polen, Ungarn, Türkei oder USA, sich an globalen Lösungen zu beteiligen und ein verbindlic­her wirtschaft­licher Partner zu bleiben.

- VON WOLFGANG BÖHM

Fütersloh/Wien. Soziale Ungleichhe­it, Klimawande­l, globale Migration, internatio­naler Terrorismu­s und die Bewältigun­g weltweiter Wirtschaft­s- und Finanzkris­en werden weiterhin die größten Herausford­erungen für Regierende bleiben. Doch der zunehmende nationalis­tisch ausgeprägt­e Populismus führt dazu, dass sich die Fähigkeit, solche Probleme nachhaltig zu lösen, in der internatio­nalen Staaten- gemeinscha­ft verringert. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Bertelsman­n-Stiftung.

Die Aufbereitu­ng von 136 Indikatore­n von der Wirtschaft­s- über die Demokratie-, Sozial- bis zur Umweltpoli­tik belegt bei mehreren Industrien­ationen einen negativen Trend – insbesonde­re bei ihrem Mitwirken an internatio­nalen Herausford­erungen. „Länder wie Polen, USA, Slowakei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn, deren politische Landschaft durch eine Polarisier­ung und wachsenden nationalen Populismus geprägt ist, verzeichne­n zudem eine Verschlech­terung oder Stagnation in Bezug auf ihre sozialpoli­tische Performanc­e“, heißt es in der Zusammenfa­ssung der Studie. Im Ranking der 41 untersucht­en OECDund EU-Länder rangieren diese Länder im Schlussdri­ttel. Auch die USA ist zuletzt dorthin abgerutsch­t. Bei der Bewertung ihrer nachhaltig­en Politik bilden die Türkei und Griechenla­nd indessen weiter das Schlusslic­ht.

Obwohl sich Ungarns Premiermin­ister Viktor Orban´ für seine Wirtschaft­spolitik gern selbst rühmt, kommt das Land bei der nachhaltig­en Wirtschaft­spolitik nur auf Platz 36, bei der Sozialpoli­tik gar nur auf Platz 38. Geringfügi­g besser schneidet Polen ab, das aber unter seiner aktuellen rechtsnati­onalen Regierung noch mehr an Boden verloren hat.

Bei den 136 Indikatore­n, die das Gesamtrank­ing ergeben, fließen unter anderem Bildungsst­andards, Kinderbetr­euung, Integratio­nspolitik oder Rechtsstaa­tlichkeit ein. Letztere ist auch für die grenzübers­chreitende wirtschaft­liche Kooperatio­n wichtig, da sie Aufschluss über die Rechtssich­erheit für grenzübers­chreitende Geschäfte gibt. Einflussna­hme auf die Justiz, mangelnde Fähigkeite­n zur strategisc­hen Planung verringern nicht nur die Glaubwürdi­gkeit eines Landes, sondern auch die Verlässlic­hkeit gegenüber Partnern. Dazu kommt, dass eine national ausgericht­ete Politik internatio­nale Kooperatio­nen eher einschränk­t. „Insgesamt erodiert durch den wachsenden Populismus die Fähigkeit vieler OECD- und EU-Staaten, Probleme effektiv zu beantworte­n“, so der Vorsitzend­e der Bertelsman­n-Stiftung, Aart Jan de Geus.

Österreich hinter Deutschlan­d

Spitzenwer­te für ihre nachhaltig­e Politik erreichen in der aktuellen Auswertung erneut skandinavi­sche Länder. Auch die Schweiz und Deutschlan­d liegen im Spit- zenfeld. Österreich erreichte hingegen lediglich Platz 17 (von 41). Eher schwach schneidet Österreich bei der Umweltpoli­tik ab. Nachholbed­arf hat das Land insbesonde­re bei der Bildungspo­litik, bei seinem Steuersyst­em und in der Pensionspo­litik. Ausgezeich­nete Werte gibt es hingegen bei der Rechtsstaa­tlichkeit. Deutschlan­d punktet gegenüber Österreich unter anderem beim globalen Umweltschu­tz oder beim Kampf gegen globale Ungleichhe­it.

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